Berlin: (hib/BOB) Zur sogenannten Patientenverfügung liegt ein zweiter Gesetzentwurf ( 16/11360) vor. Er wurde von 75 Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion, 12 Mitgliedern der Grünen-Fraktion, 10 Abgeordneten der SPD-Fraktion und einem Liberalen unterschrieben. Nach dem Willen der Initiatoren solle es ausreichen, wenn in einer Patientenverfügung der Abbruch einer lebensverlängernden Behandlung verbindlich angeordnet wird. Voraussetzung sei, dass der oder die Betroffene eine umfassende ärztliche und rechtliche Beratung in Anspruch genommen hat und die Patientenverfügung vom Notar beurkundet wurde. Die Patientenverfügung dürfe nicht älter als fünf Jahre sein. Wenn eine solche Verfügung ohne diese Bedingung aufgesetzt worden sei, seien Arzt und Betreuer nur daran gebunden, wenn "eine unheilbare, tödlich verlaufende Krankheit" vorliege, bei der der Patient das Bewusstsein niemals wiedererlangen wird. Bei heilbaren Erkrankungen zwinge eine ohne ärztliche Beratung erstellte Patientenverfügung den Arzt also nicht, eine Rettung abzubrechen.
Wenn eine Behandlung zum Lebenserhalt bei einem nicht einwilligungsfähigen Patienten beendet werden solle, sei nach dem Entwurf vom Betreuer und Arzt unter Beteiligung der Pflegepersonen, der nächsten Angehörigen und vom Betroffenen benannten weiteren nahestehenden Personen ein so genanntes "beratendes Konzil" einzuberufen. In diesem sei dann zu klären, ob eine solche Maßnahme tatsächlich dem Willen des Betroffenen entsprechen würde. Wenn nach der Beratung im Konzil zwischen Arzt und Betreuer eine Meinungsverschiedenheit bestehe, entscheide das Vormundschaftsgericht. Wünsche und Entscheidungen in der Patientenverfügung seien nicht verbindlich, wenn sie "erkennbar" in Unkenntnis der Möglichkeiten medizinischer Behandlung abgegeben worden seien, bei deren Kenntnis der Patient vermutlich eine andere Entscheidung getroffenen hätte. Aktive Sterbehilfe und Tötung auf Verlangen blieben nach dem Entwurf verboten.
Die Initiatoren begründen ihren Vorstoß damit, in den Fragen von Leben und Tod könne sich die Rechtsordnung nicht zurückhalten. Diese Entscheidung dürfe nicht dem Zufall oder dem "freien Spiel der Kräfte am Sterbebett" überlassen werden. Der Bürger müsse darauf vertrauen können, dass im Sterben Klarheit herrsche, was geboten und was verboten ist. In der Praxis bestünden nach wie vor erhebliche Unsicherheiten und Zweifel. Ziel des Entwurfs sei deshalb unter anderem, Sicherheit im Verhalten aller Beteiligter - Ärzte, Pfleger und nahe Angehörige - zu schaffen. Das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen solle auch im Fall eines Verlusts der Einwilligungsfähigkeit respektiert und gestärkt werden. Zugleich müssten Lebensschutz, ärztliche Fürsorge und Patientenwohl gewahrt werden. Einer freiverantwortlichen Entscheidung des Betroffenen über seine medizinische Behandlung sei Geltung zu verschaffen, auch wenn sie gegen lebensverlängernde Maßnahmen gerichtet sei.
Nach jetzigen Planungen soll das Thema Patientenverfügungen am 21. Januar 2009 im Bundestag beraten werden. Bereits am 26. Juni hatte das Parlament einen interfraktionellen Gesetzentwurf ( 16/8442) zum gleichen Thema beraten.
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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(ab 01.04.2008 )
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