Berlin: (hib/HLE) Die geplanten staatlichen Überprüfungen von Unternehmenskäufen durch ausländische Investoren, die nicht aus der EU oder der europäischen Freihandelszone EFTA stammen, sind von der Wirtschaft sehr kritisch aufgenommen worden. "Es entsteht der Eindruck: Deutschland schottet sich ab", sagte Christoph Wolf vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) am Montag während einer Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie. Die Experten befassten sich mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung ( 16/10730) sowie mit Anträgen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ( 16/9612) und der FDP-Fraktion ( 16/6997) zu dem Themenbereich. Mit dem Gesetzentwurf strebt die Bundesregierung an, den Kauf eines Unternehmens im Einzelfall verbieten zu können, wenn das Verbot unerlässlich ist, um die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) wies in seiner schriftlichen Stellungnahme darauf hin, der Schutz der nationalen Sicherheit sei ein legitimes politisches Interesse. "Er darf aber nicht als Vorwand für eine Diskriminierung ausländischer Investoren missbraucht werden." Bereits heute würden das Außenwirtschafts- und das Wettbewerbsrecht genug Regelungen zum Schutz vor unerwünschten Beteiligungen bieten. Das Deutsche Aktieninstitut lehnte den Gesetzentwurf ab, "da er den bislang offenen Rechtsrahmen für ausländische Investitionen in Deutschland gefährdet". Offene Kapitalmärkte leisteten einen wichtigen Beitrag zu Wachstum und Beschäftigung. Zu Befürchtungen, ausländische Staatsfonds könnten über Beteiligungen Einfluss auf die Wirtschaft bekommen, schrieb das Institut: Es sei noch kein Fall bekannt, "in dem ein Staatsfonds tatsächlich über das Streben nach einer möglichst hohen Rendite hinaus andere strategische Ziele beim Erwerb von Unternehmensbeteiligungen verfolgt hat". Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass es bislang vergleichsweise wenig schlechte Erfahrungen mit Staatsfonds gebe. Diese verwalteten inzwischen ein Vermögen von 3 bis 4 Billionen US-Dollar.
Die Beteiligungsberatung "Permira" äußerte die Befürchtung, dass eine Verabschiedung des Gesetzes "erhebliche Nachteile für unsere Geschäftstätigkeit in Deutschland mit sich bringen" würde. Professor Ulrich Lehner wies darauf hin, die angestrebte Eingriffsmöglichkeit des Staates könne dem Investitionsstandort schaden, während die Schutzinteressen Deutschlands bereits durch bestehende gesetzliche Regelungen gewahrt seien. Kaspar Krolop (Humboldt-Universität Berlin) erklärte, für die Bekämpfung der Schädigung von Unternehmen durch den Einfluss von Finanzinvestoren sei der Gesetzentwurf weder bestimmt noch geeignet.
Dagegen hielt die "Deutsche Bank Research" den Gesetzentwurf im internationalen Vergleich für angemessen. Deutschland nehme bisher eine Spitzenposition im internationalen Kapitalverkehr ein, hieß es in der Stellungnahme ergänzend. Mit 204 Milliarden Portfolioinvestitionen und 214 Milliarden Euro Direktinvestitionen gehörten deutsche Investoren zu den 4 größten Direktinvestoren weltweit. Mit 268 Milliarden Portfolioinvestitionen und 38 Milliarden Euro Direktinvestitionen von ausländischen Investoren sei Deutschland ein wichtiger Investitionsstandort, werde jedoch weniger attraktiv wahrgenommen als die USA, Großbritannien, Kanada, Niederlande, China, Spanien oder Russland. Aber objektiv gehöre Deutschland zu den liberalsten Märkten weltweit.
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Saskia Leuenberger
Redaktion: Dr. Bernard Bode, Götz Hausding, Claudia Heine,
Sebastian Hille, Michaela Hoffmann, Michael Klein, Hans-Jürgen
Leersch, Johanna Metz, Annette Sach, Helmut Stoltenberg, Alexander
Weinlein