Berlin: (hib/SKE) Einer der Hauptgründe für deutliche Gehaltsunterschiede von Männern und Frauen ist die Auszeit der Frauen für die Kindererziehung. Darin waren sich die Experten einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Mittwochnachmittag einig. Weitere Faktoren seien Teilzeitarbeit und Berufswahl. Nach der Elternzeit würden Frauen weitaus häufiger als Männer nur Teilzeit arbeiten. Die bei Frauen beliebten Berufe wie Frisörin oder Grundschullehrerin seien zudem häufig schlechter bezahlt als typische Männerberufe wie Ingenieure oder Techniker. Der Staat könne Frauen vor allem mit dem Ausbau der Kinderbetreuung helfen, auch für Kinder unter drei Jahren. Nicht einig waren sich die Experten allerdings über die Einführung eines Verbandsklagerechts, um Diskriminierungsfälle in Unternehmen aufzudecken. Grundlage der Anhörung waren je ein Antrag der Fraktionen FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen ( 16/11175, 16/11192, 16/8784).
"Es gibt kein Allheilmittel", sagte Achim Dercks vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Lösungsansätze, um die Gehälter von Frauen und Männern anzugleichen, müssten je nach Altersgruppe gesucht werden. In der Schule und in der Phase der Berufswahl sei es wichtig, Mädchen mehr für technische und naturwissenschaftliche Berufe zu begeistern. Im Gegensatz zu früher unterschieden sich junge Männer und Frauen nicht mehr im Bildungsniveau. Geblieben sei die Vorliebe für bestimmte Berufe. Die größten Gehaltsunterschiede seien in der Gruppe der 30- bis 40-Jährigen festzustellen. "Hier schlägt die längere Unterbrechungsphase durch", so Dercks. "Ab dem 24. Lebensjahr nimmt die unbereinigte Lohnlücke zu", stellte auch Hans-Peter Klös vom Institut der deutschen Wirtschaft fest. Diese Lücke beschreibe die Unterschiede in den Gehältern der Geschlechter, die sich aufgrund von Faktoren wie Bildungsunterschiede oder Elternzeit erklären ließen. Klös machte eine Differenz zwischen den Entgelten von 26 bis 36 Prozent aus, je nach Bildungsniveau und Beruf. Er forderte vor allem eine Ausweitung der Kinderbetreuungsangebote und eine erleichterte Rückkehr von Frauen in den Beruf.
Doris Liebscher vom Antidiskriminierungsbüro Sachsen forderte die Einführung eines Verbandsklagerechtes. Damit könne Institutionen die Möglichkeit gegeben werden, für einzelne Frauen gegen Diskriminierung im Betrieb zu klagen. Derzeit müssten die Betroffenen gegen den eigenen Betrieb klagen, was eine zusätzliche Belastung für die Frauen sei. "Wir sind kein Verfechter des Verbandsklagerechts", sagte dagegen Armgard von Reeden, Vorsitzende des German Women's Leadership Council des Computerherstellers IBM. Von den deutschen 22.000 Angestellten von IBM seien 25 bis 27 Prozent Frauen. Das Unternehmen unterhalte seit 30 bis 40 Jahren "Diversity Programme". "Wir unterstützen die These, dass Frauen im Unternehmen selber Veränderungen erreichen sollten", so von Reeden.
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