Berlin: (hib/HAU) Vertreter aller Fraktionen äußerten während der Sitzung des Sportausschusses am Mittwochnachmittag deutliche Kritik an den von der Deutschen Fußballliga (DFL) in der kommenden Saison geplanten Anstoßzeiten in der 1. und 2. Bundesliga. Insbesondere das am Sonntag um 15.30 Uhr angesetzte und vom DFL-Fernsehpartner Premiere live übertragene Spiel der 1. Bundesliga sei "amteurfußballfeindlich", da es zeitgleich mit den Spielen in den unteren Ligen stattfinde, so hieß es.
DFL-Geschäftsführer Christian Seifert verteidigte den neuen Fernsehvertrag und die damit verbundenen neuen Anstoßzeiten. Er erinnerte an die ursprünglichen Pläne der DFL, die eine Zentralvermarktung durch die Sportrechteagentur Sirius vorgesehen hätten. Diese hätte der Liga jährliche Einnahmen von 500 Millionen Euro zugesichert. Ein Sonntagspiel um 15.30 Uhr wäre zudem nicht vorgesehen gewesen. Der Vertrag musste jedoch aufgelöst werden, da das Kartellamt interveniert hatte. Der jetzige Rechteinhaber Premiere zahle etwa 410 Millionen Euro pro Saison, habe aber im Gegenzug auf fünf verschiedenen Anstoßzeiten bestanden. Seifert forderte, "die Emotionen herunter zu schrauben". Es gehe um etwa 20 Spiele am Sonntag um 15.30 Uhr. "Diese 1.800 Minuten können den Amateurfußball nicht zerstören", so der DFL-Geschäftsführer. Der Fernsehvertrag bringe zudem auch den Amateurvereinen mehr Geld, da die DFL drei Prozent der Fernsehgelder an den Deutschen Fußballbund (DFB) weiterleite.
Reiner Grundmann, Vorsitzender des SC Schaffrath, sieht jedoch als Vertreter der Amateurvereine dennoch deren Existenz gefährdet und befürchtet ein "Massensterben der kleinen Vereine". Um 36 Profivereinen Vorteile zu verschaffen, benachteilige man 26.000 Amateurvereine.
Schon die Verschiebung des Sonntagsspiels von ursprünglich 17.30 Uhr auf 17.00 Uhr habe zu Einbußen geführt. Eine weitere Verschiebung gefährde das Vereinsleben, so Grundmann. Vertreter von ARD und ZDF bezeichneten die neuen Anstoßzeiten als "weder gewünscht, noch gewollt". Man sei jedoch kein Vertragspartner in Sachen Live-Spiel. Der Deutsche Fußballbund (DFB) habe laut Satzung "kein Mittel" gegen das Sonntagsspiel, sagte DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach. Es gebe zwar einen Grundlagenvertrag mit der DFL, der jedoch lediglich wirtschaftliche Dinge, wie etwa die finanziellen Abgaben der an das Amateurlager regle. Diese, so Niesbach, seien "keine Selbstverständlichkeit". Den neuen Fernsehvertrag bezeichnete er als "Kompromiss zwischen der Spitze und der Breite". Schließlich gebe es nun statt sieben nur noch fünf Sonntagspiele.
Die Union forderte von der DFL mehr Rücksicht auf Amateurvereine zu nehmen. Mit dem neuen Fernsehvertrag sorge man für einen "Flächenbrand" und kündige die Solidarität im deutschen Fußball auf. Aus Sicht der SPD-Fraktion fehlt der DFL der emotionale Zugang zum Sport. Dessen Basis bilde immer noch der Breitensport. Die FDP-Fraktion forderte, das Konzept nochmals zu überdenken. Mehr Geld für die Bundesliga allein sei nicht "glücklich machend". Die Grünen wiederum fürchten einen "medialen Overkill", angesichts der ausgedehnten Übertragungen. Die Linksfraktion schließlich warf DFL und DFB vor, sich von der Basis entfernt haben. Es müsse dringend das Gespräch mit den Amateurvereinen gesucht werden.
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