Berlin: (hib/AS) Einen Tag vor Beginn des Europäischen Rates in Brüssel hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) angekündigt, dass auf dem Gipfel politisch ein Votum für eine zweite Amtszeit von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso abgeben werden solle. Sie betonte aber, dass die Nominierung Barrosos nicht ohne Konsultationen mit dem Europäischen Parlament erfolgen solle. Vor den Abgeordneten des Europaausschusses sagte Merkel am Mittwochnachmittag, dass die Mehrzahl der Regierungschefs Barroso für eine zweite Amtszeit unterstütze. Hinsichtlich des Ergebnisses der Europawahlen erklärte die Kanzlerin, dass die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments nicht einfacher geworden sei und verwies dabei darauf, dass die genaue Zahl der Fraktionen momentan noch unklar sei. Als weitere wichtige Themen des Gipfeltreffens der 27 EU-Staats- und Regierungschefs nannte sie die neuen Regelungen für die Finanzmarktaufsicht und die Frage eines erneuten Referendums in Irland über den Vertrag von Lissabon. Zudem werde man auch über die Verhandlungslinie der EU zum Klimaschutz für die Klimakonferenz in Kopenhagen beraten.
Die CDU lobte die bisherigen Bemühungen für ein Inkrafttreten des EU-Reformvertrages und betonte, dass für die Klimaverhandlungen in Kopenhagen ein Kompromiss gefunden werden müsse. Gleichzeitig erkundigte sie sich nach dem Vorschlag, neue Finanzaufsichtsbehörden einzusetzen. Die SPD ging auf die ihrer Meinung nach niedrige Wahlbeteiligung bei den Europawahlen ein. Um die Wahlen attraktiver zu machen, schlug sie vor, eine Spitzenkandidatur für die Europawahl möglicherweise mit einem Anspruch auf ein Amt als Kommissar zu verbinden. Bundeskanzlerin Merkel wies darauf hin, dass im Wahlkampf eine "Personalisierung von Europa" schwieriger sei. Die FDP übte Kritik daran, wie EU-Kommissionspräsident Barroso in der Finanzkrise agiert habe. Er habe auf wesentlichen Gebieten keine Führung übernommen, sagte die FDP. Bundeskanzlerin Merkel widersprach ihm und nannte als Beispiel, dass Barroso in der Krise auf eine Einhaltung der Wettbewerbsbestimmungen geachtet habe.
Die Linke fragte, wie verbindlich die Zusagen an die Iren seien und wollte wissen, ob der Vertrag von Lissabon nicht von allen ratifiziert werden müsse. Bundeskanzlerin Merkel sagte, dass es keine Extraratifizierung geben werde, sondern Änderungen mittels eines Protokolls beschlossen würden. Bündnis 90/Die Grünen erklärten hinsichtlich der Mehrheitsverhältnisse im Europaparlament, dass hier eine Art große Koalition problematisch sei, da damit ein politisches Profil "nicht wahrnehmbar" sei.
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