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Auf eine Antwort kommen fünf neue Fragen

Bild: Konrad Schily (FDP).
Konrad Schily (FDP).

Bild: Konrad Schily (FDP).
Konrad Schily (FDP).

Bild: Broschüre an einem Regal: Impressionen in der Universität Witten/Herdecke.
Broschüre an einem Regal: Impressionen in der Universität Witten/Herdecke.

Bild: Konrad Schily im einem Lager der Brock Kehrtechnik GmbH.
Konrad Schily im einem Lager der Brock Kehrtechnik GmbH.

Bild: Konrad Schily begutachtet Gerätschaften bei der Firma Peters Medizin- und Röntgentechnik.
Konrad Schily begutachtet Gerätschaften bei der Firma Peters Medizin- und Röntgentechnik.

Bild: Konrad Schily im Gespräch mit Mitarbeitern des Forschungsinstituts Technologie-Behindertenhilfe.
Konrad Schily im Gespräch mit Mitarbeitern des Forschungsinstituts Technologie-Behindertenhilfe.

Bild: Konrad Schily im Gespräch mit Mitarbeitern des Rentenversicherers Knappschaft Bahn See.
Konrad Schily im Gespräch mit Mitarbeitern des Rentenversicherers Knappschaft Bahn See.

Bild: Konrad Schily mit Kindern im Kindergarten Witten-Mitte.
Konrad Schily mit Kindern im Kindergarten Witten-Mitte.

Bild: Konrad Schily während der Werksbesichtigung bei der Firma J.D. Neuhaus.
Konrad Schily während der Werksbesichtigung bei der Firma J.D. Neuhaus.

Tagesläufe: Konrad Schily (FDP)

Konrad Schily hat mit 32 ein Krankenhaus gebaut, mit 45 eine Universität gegründet und ist mit 68 Jahren für die FDP in den Deutschen Bundestag eingezogen. Nun steht wieder vieles auf Anfang.

Links neben dem Tresen führt eine kleine Treppe in ein Hinterzimmer. Damit gleicht der Ratskeller in Witten manchen seiner Art. Konrad Schily sagt, im vergangenen Jahr habe er in diesem Hinterzimmer gesessen und sei gefragt worden, ob er sich das vorstellen könne: Bundestagswahlkampf zu machen für die FDP, in die er wenige Monate zuvor eingetreten war. Der Schily, mögen sich die Fragenden damals gedacht haben, ist doch für diesen Wahlkreis Ennepe-Ruhr Nord genau richtig. Ein Denker. Einer der neugierig ist und deshalb immer wieder Neues ausprobiert. Ein Gründer und Gestalter. Einer der weiß, wie die Menschen ticken und warum sie tun, was sie nicht lassen können. Das war im Frühsommer 2005. Im September zog der Mediziner und Hochschulpolitiker Schily in den Bundestag ein.

Ein politisch Denkender und Handelnder war er schon immer. Seit September ist er Politiker. Und wenn er in Witten, Herdecke, Hattingen oder Sprockhövel unterwegs ist, dann als der Wissenschaftler Schily und der Bundestagsabgeordnete Schily in einer Person. Das öffnet Türen, verschließt vielleicht auch manche, wirft eine Menge Fragen auf und macht viel Arbeit. Spaß allerdings auch.

Sein Büro im Forschungs- und Entwicklungszentrum der ersten deutschen Privatuniversität Witten/Herdecke gibt freien Blick. Wiese, langsam ansteigende Landschaft, die sich fern im Bergischen Land verliert oder findet. Konrad Schily trinkt Kaffee und schaut sich an, was sein Plan ist. Die Zukunft und die Gegenwart, grob zusammengefasst. Er will an Orte gehen, die er zum großen Teil schon kennt, aber jetzt als Abgeordneter noch einmal anders betrachten kann. Schule zum Beispiel. Damit soll der Tag beginnen.

Er beginnt laut, zumindest in der Pause. Die Harkortschule in Witten-Stockum ist eine offene Ganztagsschule,ein Modell, das in zwölf Grundschulen der Stadt probiert wird. Bis 2007 sollen alle 19 Grundschulen in Witten so offen und so ganztägig geführt werden. Von 8 bis 16 Uhr Kinder betreuen und fördern stellt Ansprüche und eröffnet Chancen. Konrad Schily redet mit der Schulleiterin Ulrike Gilsebach und fragt und fragt, bis er ausreichend im Bilde ist. Dazu gekommen ist Wolfgang Lippert, Vorsitzender des FDP-Stadtverbandes Witten und der Fraktion im Stadtparlament. Schily erzählt Geschichten. Die von seinen Sonntagsspaziergängen, bei denen er zusehen kann, wie Erwachsene ihren Hunden gestatten, sich auszutoben, und ihre Kinder ängstlich vor Wald und Natur behüten. Um so schöner später beim Rundgang zu sehen, wie die Kleinen und die Größeren auf dem Schulhof toben. Und niemand, der sie daran hindert. Zwei Jungs imitieren laute Autos. Aus ihren Mündern kommen Motorgeräusche und ihre Hände drehen wild ein nicht vorhandenes Lenkrad. Bei jeder Kurve kreischen die Bremsen.

Behäbig und verlässlich wirken dagegen die Straßenkehrmaschinen der Brock Kehrtechnik GmbH, die sich Konrad Schily später am Tag anschaut. Herr Lorenz, der Chef des Unternehmens, ist so einer, der dem Abgeordneten gefällt: Hat immer Ideen gehabt und immer gekämpft, dass sie umgesetzt werden. Hat nie aufgehört zu lernen. Kennt seine Maschinen und die Menschen, die sie ihm bauen. Sein Lagerist spricht Englisch, wie der Prokurist auch. Kehrmaschinen gehen in alle Welt und da muss man mit aller Welt reden können. Menschen wie Lorenz geben Schily immer wieder Hoffnung. Beim Gang durch die Werkhallen kann der Unternehmer jede Maschine erklären – wie sie funktioniert und warum es keine bessere gibt. Und dass man mal eine gebaut hat, mit der die Schweizer ihre Panzerstraßen reinigen. Und andere, die auf Flughäfen für saubere Pisten sorgen. Man müsse, sagt Herr Lorenz, genau wissen, was der Kunde braucht. Da gibt ihm Herr Schily Recht, der jetzt im Bundestag im Gesundheitsausschuss sitzt und Vorstellungen darüber hat, welches Gesundheitssystem die Menschen brauchen. Und zugleich weiß, dass die Vorstellung allein nicht genügt, aber ohne die Vorstellung gar nichts passieren wird.

Das bekommt er am nächsten Tag in einem ganz und gar anderen Lebensbereich vorgeführt. Da werden Dinge erfunden und gebaut, die behinderten und alten Menschen das Leben erleichtern. Konrad Schily läuft durch das Forschungsinstitut Technologie-Behindertenhilfe der Evangelischen Stiftung Volmarstein ebenso neugierig wie durch die Hallen der Straßenkehrmaschinenbauer. Tüftler und Verbesserer dort wie hier. Das Forschungsinstitut in Wetter-Volmarstein gibt es seit 1991. Hier werden ganz einzigartige Dinge gebaut oder getestet. Jackenanzieher und Strumpfüberhelfer, Kochutensilien für Menschen, die nur eine Hand benutzen können, Schränke, die einem auf Knopfdruck entgegenkommen, Bügeleisen, die sich selbst ausschalten, wenn es kein anderer tut, Computer, denen man sagen kann „Mach das Licht im Wohnzimmer an“, und dann wird es Licht im Wohnzimmer. Pfarrer Ernst Springer und seine Mitstreiter führen Konrad Schily durch das Institut mit jenem Stolz, der sich zu Recht einstellt, wenn man den Menschen etwas wahrhaft Gutes tut. Was die Maschinenbauer und die Lebenshilfeutensilien-Erfinder gemeinsam haben, ist die Fähigkeit zur Innovation und die Weitergabe ihres Wissens – durch Ausbildung. „Seit 500 Jahren“, sagt der Abgeordnete Schily beim Gespräch mit den Institutsmitarbeitern, „leben wir auf Rationalität hin. Alles muss rational durchdacht sein. Nicht kalt, aber durchdacht.“ Im Bundestag, sagt er, sei das auch so. Nur dauere dort wohl manches etwas länger, weil sich so viele Menschen einig werden müssen.

Am Morgen noch hat er einem jungen Musiktherapeuten ein Interview gegeben, der von ihm wissen wollte,wie die Menschen sich gut miteinander ins Benehmen setzen können und wie man handeln muss, um rational zu sein, aber nicht ohne Gefühl. Da hat Schily ihm, wie es wohl seine Art ist, lauter Geschichten erzählt. Die von der Universität, um deren Bau sich viele Architekten bewarben und über deren Form noch mehr Menschen gemeinsam zu entscheiden hatten. „Wie lernen Menschen voneinander, um sich abzugrenzen? Wie kann eine Universität ein Gefäß sein, in das immer wieder neue Menschen kommen werden? Und zu jedem soll es passen.“ Mit dem Musiktherapeuten hatte Schily über glückliche Momente geredet und über seinen Wunsch, „das Gesundheitssystem des Landes wieder zu vermenschlichen.“ Mit den Menschen in den Betrieben, die er besucht, redet er eigentlich immer auch über das Glück, das im Erfinden liegt, im Bauen oder im erfolgreichen Verkaufen. Wer weiß? Hauptsache jede und jeder wählt das Richtige. Zu den „Erbauern“ und den „Erfindern“ gesellen sich in diesen Stunden, da Schily durch seinen Wahlkreis reist, den er gut kennt und für den er aber nun einen neuen Blick braucht, noch die „Verkäufer“ und die „Traditionsreichen“.

Die Verkäufer sitzen in Herdecke und heißen Peters Medizin- und Röntgentechnik. Mit denen, die seit vielen Jahren erfolgreich den deutschlandweiten Vertrieb von Röntgengeräten betreiben, redet Konrad Schily über die Errungenschaft des digitalen Röntgens und über eine großartige Erfindung des C-Bogens, mit dessen Hilfe sich strahlungsarm Füße und Hände durchleuchten lassen. Für den Operateur und die Patienten ein wahrer Segen. Wenn das System dazu passt. Schily sagt, heute sei es so, dass ein Arzt erst nach neun Monaten wisse, ob die Behandlung eines Patienten für ihn finanziell ein Verlust war oder nicht. Das, so Schily, sei nicht gut für die Behandler und die Behandelten.

Am Nachmittag wird Konrad Schily, gemeinsam mit seinem Fraktionskollegen Michael Kauch, in Bochum bei dem Rentenversicherer Knappschaft Bahn See viel über integrierte Versorgung hören. Der drittgrößte Versicherungsträger in Deutschland betreibt Krankenhäuser und hat 1,4 Millionen Krankenversicherte. Integrierte Versorgung garantiert ihnen niedrige Beitragssätze. Ein Arzt, der Krankenhausaufenthalte vermeidet, wird finanziell dafür belohnt. Einfaches Prinzip. Im Gesundheitsausschuss des Bundestages wird über dieses Thema schon lange gesprochen. Noch ist manches umstritten und es gibt wenig Erfahrung, auf die man sich berufen kann. Erfahrung aber ist manchmal Gold wert, wenn es um kluge Entscheidungen geht.

Am Tag zuvor hatte der Abgeordnete Schily die Firma J.D. Neuhaus besucht, die es seit 1745 gibt. Hebewerkzeuge und Hebemaschinen werden hier produziert, große Geräte für Bohrinseln, kleine für weniger Last. 115 Menschen erarbeiten jährlich einen Umsatz von rund 18 Millionen Euro. Seit 260 Jahren wird hier an der Weiterentwicklung pneumatischer und hydraulischer Hebetechnik gearbeitet. Revolutionäre Ideen wurden geboren und umgesetzt. Alles kann in einem ganz und gar liebevoll errichteten und gepflegten Museum betrachtet werden, wo der Chef, Herr Neuhaus, die Funktionsweise fast jeden Gerätes erklären kann. Die Tradition steht in diesem kleinen Unternehmen dafür, dass man sich nicht verliert, die Moderne für wirtschaftlichen Erfolg auf lange Sicht.

Wo wird der Grundstein dafür gelegt? Vielleicht in dem Städtischen Kindergarten, den der Abgeordnete Schily in Witten-Mitte besucht. 82 Kinder, ein bis fünf Jahre alt, unterschiedlicher sozialer und ethnischer Herkunft, ein Querschnitt durchs halbe Leben und durch die ganze Stadt, sind hier von sieben bis halb fünf Uhr mehr als gut aufgehoben. Konrad Schily kommt mitten in die kreative Arbeit der Gruppe „Ballu“. Hier malt ein Mädchen mit weißer Farbe auf weißem Grund ein Bild von Frau Holle. Erhaben zeichnet die dickflüssige Farbe die Konturen der Schneemacherin aus dem Märchen. Im Gespräch mit der Leiterin des Kindergartens, Ute Brinkmann, hatte Konrad Schily zuvor gesagt: „Was Sie hier tun, wirkt lange nach. Wenn es den Kindern gut geht, haben sie die Chance, selbstbewusste Menschen zu werden.“ Vielleicht ist der Abgeordnete Schily ein Reisender im Wort. Bestimmt nährt sich, was er tun will in Berlin, auch aus dem, was er erfährt, wenn er im Wahlkreis unterwegs ist. Leben und Politik sind auch nur zwei Seiten einer Medaille.

Text: Kathrin Gerlof
Foto: studio kohlmeier
Erschienen am 7. März 2006

Weitere Informationen:

Konrad Schily (FDP):
E-Mail: konrad.schily@bundestag.de
Webseite: www.konrad-schily.de

Infos zum Wahlkreis:

Infos zum Wahlkreis: www.enkreis.de


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