31.03.2005 - Rede von Bundestagspräsident Thierse in
Breslau: "Zur Freundschaft gehört, dass man sich zu ihr
bekennt"
Sperrfrist: 31. März, 19 Uhr
Es gilt das gesprochene Wort
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse
hat in einem "deutlichen Wort unter Freunden" vor der
Universität Breslau den polnischen Gastgebern ans Herz gelegt,
Vorurteile gegenüber Deutschland künftig aus der Politik
fernzuhalten und Konflikte da auszutragen, wo sie entstünden.
In der letzten Zeit seien beide Länder dem Ziel, ihr
Verhältnis auf das Niveau des deutsch-französischen zu
heben, "nicht näher gekommen". Es sei "keine funktionierende
Freundschaft", wenn polnische Politiker sich populistischem Druck
ergäben und "dann unter vier Augen versichern, es sei alles
nicht so gemeint gewesen", sagte Thierse mit Blick auf eine
Forderung nach Reparationen aus dem vorigen Jahr. Hier die Rede im
Wortlaut:
Präsident Wolfgang Thierse:
"Bis vor kurzem hätte man sich nur schwer vorstellen
können, dass Deutsche und Polen ausgerechnet historische
Gedenktage miteinander begehen. Gemeinsame Feiern gab es
natürlich schon früher. Zwischen der DDR und der
Volksrepublik Polen haben wir ja sogar Jahrzehnte einer so
genannten Völkerfreundschaft hinter uns, die ein rituelles
Verhältnis war, aber doch auch echte, persönliche
Freundschaften zumindest ermöglichen half. Immer hat bei den
Begegnungen in diesem Rahmen auch die Geschichte eine Rolle
gespielt, meistens in dem Sinne, dass polnische Gastgeber ihre
deutschen Gäste an Stätten führten, wo die Schrecken
der Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg gegenwärtig wurden.
Auch ich habe in Demut viel über den Terror meiner Landsleute
gelernt, als ich 1965 als junger Student zum ersten Mal wieder in
meine Geburtsstadt Breslau kam, die ich als kleines Kind mit meinen
Eltern verlassen musste. Gemeinsames Feiern war möglich, auch
die Geschichte wurde dabei nicht ausgespart. Aber gemeinsames
Gedenken gab es nicht. Wie auch, wo doch die Befreiung des
polnischen Volkes den Zusammenbruch des deutschen Staates
voraussetzte?
Dieses Jahr 2005, 60 Jahre nach Kriegsende, hat Deutschen und Polen
auch den ersten wirklich gemeinsamen Gedenktag beschert: den ersten
Jahrestag des Beitritts Polens zur Europäischen Union. Beide
feiern wir die Überwindung der Teilung Europas und damit auch
das Ende einer bitteren Ironie der Geschichte, die aus den
moralischen und militärischen Siegern der Geschichte
wirtschaftliche und politische Verlierer gemacht hatte. Das durfte
nicht so bleiben. Auch deshalb hat sich Deutschland für den
polnischen EU-Beitritt so stark engagiert. Die Vereinigung Europas
war das erklärte Ziel beider Völker und ihrer
Regierungen. Das Ziel wurde erreicht, und beide sind mit dem
Ergebnis zufrieden.
Ein Jahr Europäische Union löscht die Erinnerung an das
Ende der europäischen Katastrophe vor 60 Jahren nicht aus. Der
Vernichtungskrieg, die Versklavung eines Volkes im Namen eines
angemaßten Herrenmenschentums, die Massenmorde der deutschen
Sonderkommandos, die Zerstörung Warschaus, die KZ, die
Gaskammern können nie relativiert, entschuldigt, vergessen
oder nur noch einer diffusen und anonymen "europäischen
Geschichte" zugeschrieben werden, die weder Täter noch Opfer
beim Namen nennt. Aber wenn diese bitteren Wahrheiten keine
Hindernisse mehr sind für neue Generationen, eine gemeinsame
Zukunft zu gestalten, dann hätten diese neuen Generationen die
richtige, vernünftige Lehre aus dieser Geschichte gezogen. Aus
altem Unrecht darf kein neues Unrecht entstehen. In diesem Sinne
ist jede Vorsicht, jede Empfindlichkeit verständlich.
Die Vereinigung Europas gibt diesem dunklen Abschnitt der
Geschichte - neben der nationalen - eine immer stärkere
europäische Dimension. Wenn wir heute mit Aussöhnung,
Zukunftsgestaltung und der Begründung deutsch-polnischer
Freundschaft ernst machen, können kommende Generationen die
Geschichte Europas als eine Geschichte der Überwindung von
Nationalismus begreifen, bei der Ausgrenzung und Abgrenzung ersetzt
werden durch Zusammenarbeit, Solidarität, Gleichberechtigung,
Integration unter ein gemeinsames europäisches Dach. Die
Erinnerung an die Nazi-Zeit ist heute schon ein unumstrittener
Bestandteil der Erinnerung aller europäischen Völker.
Demokraten in ganz Europa sind frei, sich unabhängig von ihrer
nationalen Zugehörigkeit zu den Helden des Widerstands zu
bekennen, zu Marek Edelmann und Janusz Korczak, zu Sophie Scholl
und zu Claus Graf Stauffenberg, und sich in die Tradition dieser
Männer und Frauen zu stellen.
Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass über die Helden des
Widerstands in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Filmen
gedreht worden ist, auch sehr gute darunter wie "Der Pianist" von
Roman Polanski, die überall in Europa ein dankbares Publikum
gefunden haben. Jeder Zuschauer, ob in Deutschland, Polen oder
sonst wo, identifiziert sich mit diesen Helden und zieht seine
persönlichen Lehren aus ihrem Schicksal. Wir lernen heute auch
unabhängig von unserer nationalen Zugehörigkeit aus der
ganzen europäischen Geschichte. Nur habe ich den Eindruck,
dass diese zukunftsweisende Haltung des durchschnittlichen
Kinopublikums sich in der Sphäre der Politik noch nicht
vollständig durchgesetzt hat.
Ich will ein Beispiel nennen. Es ist ja, wie Sie wissen, in
Deutschland mit Unverständnis und mit Kopfschütteln
aufgenommen worden, dass der Sejm sich im vergangenen Herbst von
einigen Interessierten zu einer Forderung nach Reparationen hat
treiben lassen. Ich habe dieses Unverständnis durchaus
geteilt.
Ich weiß, Staatspräsident Kwasniewski und die Regierung
haben klar gemacht, dass sie sich von der Resolution des Sejm nicht
zu irgendwelchen Schritten genötigt sehen. Insoweit ist die
Sache erledigt. Wenn ich mich trotzdem damit aufhalte, dann weil
ich vermeiden möchte, dass unser Verhältnis in Zukunft
weitere Überraschungen dieser Art erlebt.
Zur Sache will ich nur sagen, dass es in der Tat einen
wirtschaftlichen Ausgleich zwischen Deutschland und Polen geben
sollte und auch gibt. Nur wird dieser unserer gemeinsamen
Auffassung nach heute nicht mehr über Reparationen
bewerkstelligt. Dieser wirtschaftliche Ausgleich ist vielmehr Teil
der europäischen Vereinigung, eines historischen
Großprojekts, das gerade von deutscher Seite und gerade mit
Blick auf Polen mit großer Energie und gewaltigem Einsatz
betrieben worden ist.
Ich selbst gehöre zu denen, die das Verhältnis zwischen
Deutschland und Polen gern auf ein Niveau heben wollen, wie es
zwischen Deutschland und Frankreich heute schon besteht. Leider
sind wir in der letzten Zeit diesem Ziel nicht näher gekommen.
Ich meine, wir können aus den deutsch-französischen
Erfahrungen viel lernen.
Wenn das große Wort von der Freundschaft zwischen zwei
Völkern erlaubt ist, dann steht es, wie ich glaube, nicht
für Gefühle, sondern für ein System von
ungeschriebenen Regeln.
Die wichtigste ist nach meiner Meinung: Was es an Ressentiments
geben mag, ist Privatsache und wird sorgfältig aus der Politik
ferngehalten. Vorurteile gibt es immer. Es gibt sie durchaus auch
noch zwischen Franzosen und Deutschen, und sie entstehen sogar
immer wieder neu, weil die Staaten, die Systeme, die historischen
Erinnerungen und auch die Mentalitäten eben verschieden sind.
Aber seit Konrad Adenauer und Robert Schuman, den Vätern der
deutsch-französischen Freundschaft, sind sich alle einig,
diesen Vorurteilen zum Raum der politischen Willensbildung eben
keinen Zutritt zu lassen. Sie müssen draußen
bleiben.
Das ist inzwischen eine Grundregel im Umgang zwischen allen
EU-Staaten. Wir Deutschen ärgern uns immer wieder
darüber, wenn eine gewisse billige Presse in
Großbritannien mit Ressentiments gegen Deutsche meint, Geld
verdienen zu können. Aber wir schätzen es ebenso sehr und
können uns darauf verlassen, dass dieser unangenehme Ton aus
allen bilateralen Beziehungen bewusst und peinlich genau
herausgehalten wird. Da gibt es eine undurchlässige Schranke.
Nationale Vorurteile sterben zwar nicht aus, wenn die Politiker sie
missachten. Die Vorurteile werden aber mit der Zeit unernst und
ungefährlich, wie wir aus den gegenseitigen Neckereien
zwischen Bewohnern verschiedener Städte und Landschaften
kennen.
Wir hätten Fortschritte gemacht, Deutsche und Polen, wenn
diese Regel künftig auch in unserem Verhältnis
ausnahmslos gelten würde. Nachteile hätten nur solche
populistischen Strömungen, die mit Vorurteilen gegen andere
statt mit Konzepten für die Zukunft auf Stimmenfang gehen
wollen.
Ich weiß, dass sich so etwas in einer Demokratie nicht
verhindern lässt. Aber man kann verhindern, dass solcher
Populismus Erfolg hat. Zu einer funktionierenden Freundschaft
gehört meiner Meinung nach, dass jeder, der einen bösen
Ton anschlägt, in der Regierung, im Parlament und
möglichst auch in der eigenen Partei sofort auf entschiedenen
Widerspruch stößt. Es ist keine funktionierende
Freundschaft, wenn verantwortliche Politiker vor einem solchen Ton
die Ohren verschließen, sich in die Defensive treiben lassen
und dem befreundeten Nachbarn dann unter vier Augen versichern, es
sei alles nicht so gemeint gewesen.
Zur Freundschaft gehört immer auch, dass man sich zu ihr
bekennt.
Eine zweite Regel möchte ich aus den
deutsch-französischen Erfahrungen ableiten: Wir sollten
Konflikte da zum Austrag bringen, wo sie entstehen, und sollten
keinem einzelnen Konflikt erlauben, gleich das ganze
Verhältnis zwischen beiden Staaten zu belasten! Wenn
Jugendliche aus Deutschland oder Polen oder Frankreich böse
Witze über einander reißen, dann bringen wir sie
zusammen und lassen sie sich durch persönliches Kennenlernen
ein Urteil bilden. Das finden wir heute selbstverständlich.
Wenn zwei Behörden diesseits und jenseits der Grenzen Probleme
mit einander haben, dann setzen wir sie direkt an einen Tisch,
statt gleich die Regierungen und die Botschafter oder gar die
Parlamente einzuschalten. Wer sich streiten muss oder will, soll
das tun, aber nicht gleich die ganze Nation dafür in
Geiselhaft nehmen! Das gehört in Europa zur Normalität.
Und getreu dieser Regel haben sich in Slubice wenige Wochen nach
der erwähnten Resolution des Sejm das deutsche und das
polnische Parlamentspräsidium zusammengesetzt und über
die zukünftige Zusammenarbeit gesprochen. Leider haben nicht
alle Eingeladenen auf polnischer Seite an dem Treffen teilgenommen.
Manche haben es lieber bei der großen, allgemeinen Anklage
belassen, als in die Details zu gehen. Aber wichtig ist die
Mehrheit, die sich den Zukunftsaufgaben im gemeinsamen Europa
stellt.
Das deutsch-polnische Verhältnis, meine ich, braucht 60 Jahre
nach Kriegsende nicht mehr Formeln und große Gesten. Gehen
wir in die Details! Je genauer unser Blick, desto besser sind wir
gegen falsche Generalisierungen gefeit. Wir werden bei genauem
Hinsehen vor allem lernen, dass nicht jeder, der mit großer
Geste im Namen seines Volkes auftritt, dieses auch wirklich
vertritt.
Es gibt da immer wieder Verwechslungen, von denen ich hoffe, dass
sie auf einem Informationsdefizit beruhen. Es wundert mich zum
Beispiel, welchen ungeheuren Bekanntheitsgrad in Polen ein in
Düsseldorf ansässiger Verein namens "Preußische
Treuhand" genießt. In Deutschland ist dieser Verein so gut
wie unbekannt. Selbst unter deutsch-polnischen Experten weiß
niemand, wer sich alles hinter dem hoheitsvoll klingenden Namen
verbirgt. Wenn ein privater Verein meint, er könne vor Gericht
vermeintliche Ansprüche durchsetzen, können wir ihm
diesen Weg nicht verwehren. Aber er wird weder Erfolg haben noch im
eigenen Land Sympathien gewinnen. Auch in Deutschland selbst
kämpft ein Verein ostelbischer Grundherren seit vielen Jahren
ebenso zäh und erfolglos darum, dass die Enteignungen in der
sowjetischen Besatzungszone Deutschlands nach 1945
rückgängig gemacht werden. Solche Ansprüche
genießen in Deutschland keinerlei Rückhalt, nicht in der
Politik und auch nicht in der Öffentlichkeit. Und auch nicht
vor den Gerichten: Die so genannte "Preußische Treuhand" hat
den so oft angekündigten Klageweg bisher nicht beschritten.
Man weiß dort wohl nur zu genau, dass deutsche Gerichte sich
für unzuständig erklären würden.
Und lassen Sie mich auf das Missverhältnis auch in der
öffentlichen Wahrnehmung hinweisen. Ich weiß nicht,
welche persönlichen Erfahrungen Sie, meine sehr geehrten Damen
und Herren, mit Deutschland und den Deutschen gemacht haben. Mir
jedenfalls versichern meine polnischen Freunde immer wieder, dass
sie bei meinen deutschen Landsleuten keinen "Drang nach Osten"
verspüren. Auf deutscher Seite sind es keine irgendwie
gearteten Revanchegelüste, die das Verhältnis belasten.
Es ist eher eine kränkende Interesselosigkeit, die meine
polnischen Freunde beklagen.
Es stimmt allerdings, dass seit einigen Jahren in Deutschland
wieder mehr als früher über die Vertreibung der deutschen
Bevölkerung aus Schlesien, Pommern und Masuren gesprochen
wird. Nur hat dieses gewachsene Interesse weder mit
Gebietsansprüchen noch mit dem Wunsch etwas zu tun, die Schuld
von Deutschen gegenüber Polen durch Aufrechnung zu vermindern.
Das Interesse am Schicksal der deutschen Vertriebenen ist vielmehr
gerade in dem Moment wieder gewachsen, da das deutsch-polnische
Verhältnis eben nicht mehr als eine große Rechnung mit
Aktiv- und Passivposten verstanden wurde.
Schon in den Nachkriegsjahren hat nur eine Minderheit der
Ostdeutschen, die das Gebiet diesseits von Oder und Neiße
1945 verlassen mussten, nach Rache und nach Revision der neuen
Grenze gerufen. Denn die meisten wussten sehr genau, dass die
Vertreibung eine Folge des schrecklichen Krieges war, der zuvor in
ihrem Namen geführt worden war. Ich weiß, wovon ich
spreche, denn meine eigenen Eltern, die beide aus Schlesien
stammten, haben so empfunden. Sie haben ihre eigenen Leiden in der
Nachkriegszeit nicht öffentlich beklagt, weil sie nicht
wollten, dass jemand daraus eine Anklage gegen "die Polen"
fabrizierte, und weil sie nicht zulassen wollten, dass man in ihrem
Namen die Verbrechen der Nazis relativiert.
Erst jetzt, wo wir das Verhältnis zu Polen als geklärt
empfinden dürfen, kann die schweigende Mehrheit der damals
vertriebenen Deutschen ihre Erinnerungen pflegen, ohne dass sie
fürchten müssten, Wasser auf die Mühlen von
Demagogen zu leiten. Dass wir heute wieder mehr über die
unmittelbare Nachkriegszeit sprechen, ist ein gutes Zeichen und
kein schlechtes. Zu den bedeutenden Persönlichkeiten, die in
Deutschland zu einer neuerlichen Beschäftigung mit dem
Schicksal der Vertriebenen angeregt haben, gehört Günter
Grass. Kann wirklich jemand glauben, einem Günter Grass sei an
einer Relativierung der Nazi-Verbrechen in Polen gelegen?
Verständlicherweise wittern jetzt auch diejenigen, ich sage
ausdrücklich: wenigen, eine Chance, die das neue Interesse an
der Vertreibung tatsächlich noch mit ihren alten
Ansprüchen verknüpfen möchten. Ich habe aber keine
Anhaltspunkte dafür, dass sie damit Erfolg hätten.
Ich weiß, dass in Polen besonders die Diskussionen um das
"Zentrum gegen Vertreibungen" und den Bau einer
Dokumentationsstätte in Berlin aufmerksam verfolgt werden. Sie
wissen, meine Damen und Herren, dass der Deutsche Bundestag an
Stelle der Idee von der Berliner Dokumentationsstätte den
Dialog über ein, wie es heißt, europäisch
ausgerichtetes Zentrum angeregt hat. Wörtlich heißt es
in dem Beschluss: "Über Konzept und Ort einer solchen
Einrichtung muss in europäischer Zusammenarbeit beraten und
entschieden werden." So wird es sein. Es wird keine Entscheidung
geben, in der sich Deutschland nicht eng mit seinen mittel- und
osteuropäischen Nachbarn abstimmt und nach gemeinsamen
Vorschlägen sucht.
Das zeigt auch die kürzlich in Warschau von den
Kulturministern Polens, Deutschlands, Ungarns und der Slowakei
unterzeichnete Absichtserklärung zur Gründung eines
europäischen Netzwerkes gegen Vertreibungen. Ihr voran ging
der Beschluss des Bundestages, der die Antwort auf eine Initiative
für ein Zentrum in Berlin war, die vom Bund der Vertriebenen
mit seiner Vorsitzenden Erika Steinbach ausgegangen ist. Frau
Steinbach hat für ihre Vorstellungen nicht einmal in ihrer
eigenen Fraktion, der CDU/CSU, eine Mehrheit. Trotzdem möchte
ich davor warnen, die Initiative des Bundes der Vertriebenen auf
das Konto eines eventuellen Revanchismus zu buchen. Es haben sich
ihr auch Persönlichkeiten angeschlossen, die über einen
solchen Verdacht erhaben sind. Auch hier lohnt es sich, in die
Details zu gehen.
Ich bitte Sie: Verstehen Sie, was ich gesagt habe, als ein
deutliches Wort unter Freunden. Ich würde mich nicht so
engagieren, wenn ich nicht fest an das Gelingen der
deutsch-polnischen Freundschaft glauben würde. Und es gibt ja
gute Nachrichten aus jüngster Zeit: In der Krise in der
Ukraine haben Deutsche und Polen an einem Strang gezogen. Das gute
Verhältnis von Berlin und Moskau, das in Polen lange mit
historisch gut begründetem Argwohn betrachtet worden ist, hat
sich zum ersten Mal im beiderseitigen Interesse bewährt. Sie
sehen: Seit einem Jahr erst sind wir gemeinsam Mitglied in der
Europäischen Union und schon haben wir gemeinsam eine neue
Erfahrung gemacht. Wir können die Welt und Europa auch ganz
anders sehen, als die Erinnerungen es uns nahe legen. Und wenn wir
ein neues Europa wollen, dann müssen wir das sogar."