Wenn wir in Deutschland vom Konsum illegaler Drogen sprechen, so in der Regel von Drogen wie Cannabis, Heroin, Kokain, Ecstasy, Amphetaminen oder LSD. Cannabis nimmt unter diesen Stoffen eine Sonderrolle ein, wird doch seit Jahren eine Diskussion um seine Legalisierung geführt. Ein Thema, das bei den so genannten harten illegalen Drogen keine nennenswerte Rolle spielt, insgesamt Stoffe, die schnell in die Abhängigkeit und damit zu belastenden menschlichen Schicksalen sowie zu gesamtgesellschaftlichen Problemen führen. Bei diesen Drogen dreht sich die drogenpolitische Frage insbesondere darum, inwieweit der Schwerpunkt auf Repression, Prävention oder aber auf die konkreten Hilfestellungen für Abhängige gelegt werden soll. Die FDP setzt ihren politischen Schwerpunkt neben dem Bestreben zur Vermeidung von Sucht durch präventive Maßnahmen vor allem auf die Wiederherstellung der Freiheit von Sucht. Nur durch konkrete Angebote zur Überwindung der Drogensucht kann der Drehtüreffekt zwischen Polizeipräsidium und Straße durchbrochen werden. Mit Sorge müssen wir daher beobachten, dass genau diese Hilfestellungen massiv von Mittelkürzungen betroffen sind. In Zeiten knapper Kassen werden Hilfsangebote gekürzt mit den voraussichtlichen Ergebnis höherer gesamtgesellschaftlicher Kosten. Die Suchtproblematik ist nun einmal eng mit der Kriminalitätsproblematik verknüpft.
Cannabis ist die am häufigsten konsumierte illegale Droge in Deutschland. Sein Konsum führt an sich nicht zwangsläufig zur Abhängigkeit. Nicht nur deshalb nimmt Cannabis unter den illegalen Drogen eine Sonderposition ein. Über seine Legalisierung wird eine breit durch die Gesellschaft gehende ideologisierte Debatte geführt. Gerade in der FDP prallen alle Meinungsfacetten aufeinander. Prinzipien liberaler Politik scheinen auch klar gegen eine Beibehaltung des Verbots zu sprechen: Eigenverantwortung im Umgang mit seinem eigenen Leben, statt staatlicher Repression und Verbote, lieber Aufklärung und Prävention. So argumentiert die Partei jedenfalls bei der Politik zum Umgang mit den legalen Drogen wie Alkohol und Nikotin. Welche Argumente gibt es dafür, dies nicht auch auf Cannabis auszudehnen?
Die Abgrenzung zu Cannabis als Teil der illegalen Drogen scheint zunächst eine historisch willkürliche zu sein. Der Konsum von Cannabis hat gesellschaftlich trotz des Verbotes in weiten Teilen eine Akzeptanz, die an die von Tabak und Alkohol heranreicht. Es heißt, ungefähr zehn Millionen Menschen hätten in Deutschland schon Cannabis konsumiert, als aktuelle Konsumenten werden 3,4 Millionen Menschen genannt. Ein Großteil der Konsumenten hört über kurz oder lang wieder auf. Das Verbot scheint für den Konsum kein Hinderungsgrund zu sein.
Die Befürworter einer Legalisierung haben daher auf den ersten Blick auch bestechende Argumente: Ein Anstieg der Konsumenten in den letzten Jahrzehnte konnte durch ein Verbot nicht verhindert werden. Eine liberalere Politik beispielsweise unseres Nachbarlandes Niederlande hätte dort zu keinem größeren Anstieg geführt. Eine Legalisierung des Marktes würde diesen sicherlich entkriminalisieren können. Der Konsum von Cannabis sei weit weniger gesundheitsgefährdend als Nikotin oder Alkohol. Die Befürworter der Legalisierung sehen den Verkauf und Konsum von Cannabis daher auf gleicher Ebene mit den legalen Drogen. Allenfalls halten sie eine Altersbeschränkung für den Verkauf, zertifizierte Verkaufsstellen und Regelungen für den Straßenverkehr für notwendig.
Doch können wir den Schritt wagen? Schon heute wächst die Zahl der Konsumenten konstant. Die Zahlen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sind besorgniserregend. Während die Distanz besonders der Jugendlichen gegenüber den harten illegalen Drogen seit Jahren recht konstant bleibt, wächst die Verführungskraft von Cannabis stetig. Vor allem werden die Konsumenten immer jünger und die Zahl der exzessiven Anwender immer höher. In dem Moment kann keinesfalls mehr von einer völligen Unbedenklichkeit des Konsums gesprochen werden. Er kann gerade bei pubertierenden Jugendlichen zu physischen, psychischen und sozialen Beeinträchtigungen führen. Fast jeder Schüler wird über kurz oder lang mit Cannabis konfrontiert. Der Joint vor der Schule scheint eine immer stärker praktizierte Realität in Europa zu sein. Eine Einstiegsdroge ist Cannabis sicherlich nur für diejenigen, die an sich schon suchtgefährdet sind. Gesundheitliche Schäden durch regelmäßigen Cannabiskonsum müssen vor allem für Jugendliche in der Entwicklungsphase befürchtet werden. Experten warnen darüber hinaus, dass Cannabis immer stärker und immer giftiger wird. Der THC-Gehalt ist im Laufe der Jahre stetig gestiegen.
Insgesamt sehe ich allein schon in der Legalisierungsdebatte an sich eine Verharmlosung des Cannabis-Konsums. Soll den Kindern erklärt werden, Cannabis ist zwar jetzt legal, aber trotzdem zu gefährlich für dich? Sicherlich argumentieren wir genau so heute schon bei Tabak und Alkohol. Doch die Probleme, die der Konsum von Tabak und Alkohol gerade bei Kindern und Jugendlichen heute schon mit sich bringt, sollte nicht durch eine weitere legalisierte Droge erweitert werden.
Detlef Parr ist drogenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.