Verbraucherschutz. Der Wald hierzulande sollte in mehrschichtige Bestände umgebaut werden. Darin waren sich die am 13. April zu einer öffentlichen Debatte über den Waldzustand in den Verbraucherschutzausschuss geladenen Experten einig. Derzeit machten Nadelwälder 62 Prozent der Forste, Buchen- oder Eichenwälder aber nur 24 Prozent der gesamten Waldfläche aus, betonte der Sachverständige Hermann Graf Hatzfeldt. In diesem Zusammenhang könne nicht von "naturnahen" Wäldern gesprochen werden; von Natur aus würden in Deutschland rund 92 Prozent der Waldflächen aus mehrschichtigen Buchen- oder Eichenwäldern bestehen.
Graf Hatzfeldt plädierte dafür, den Umbau "naturferner" Forste in "naturnahe" Wälder voranzutreiben, um anpassungsfähige und stabile Waldökosysteme zu schaffen. Er begrüßte in diesem Zusammenhang die Anträge aller Fraktionen, die dieser Erkenntnis Rechnung trügen. Zur Debatte standen dabei zwei Anträge der Koalitionsfraktionen und der FDP ( 15/4516 und 15/4431) zum naturnahen Bewirtschaften von Wäldern und der Charta für Holz sowie der von der Bundesregierung vorgelegte Waldzustandsbericht 2004 ( 15/4500) und ein Entschließungsantrag der CDU/CSU-Fraktion ( 15/4502) dazu.
Über das Tempo beim Umbau von Nadel- in Laubwälder gingen die Meinungen allerdings ebenso auseinander wie bei den Fragen, in welchem Umfang Kompensationskalkungen für saure Böden notwendig sind, die Novellierung der Bundeswald- und Bundesjagdgesetze erforderlich ist und ob die bei der Erstellung des Waldzustandsberichtes angewandte Methodik ersetzt werden müsse. Der Vorstoß der FDP, beim Waldzustandsbericht weg von einer Kronenzustandsbeschreibung hin zu einer Analyse der Böden zu kommen, fand bei Professor Reinhard Hüttl von der Technischen Universität Cottbus Anklang. Nach seinen Worten könnten Wachstumsbeobachtungen einen hinreichenden Aufschluss über den Zustand der Wälder geben.
Demgegenüber würdigte Elmar Kilz vom Forstamt Grunewald in Berlin die Kronenzustandserhebung als die europaweit einzige, länderfinanzierte Methode, die die Reaktionen der Wälder auf Witterung, Klimaveränderungen und Schädlingsbefall erfasse. Alles andere hält der Forstamtsleiter für zu teuer und komplex. Er kritisierte auch, dass die Rahmengesetzgebung des Bundes beim Wald nicht ausreiche und dass die für Wald zuständigen Länder einerseits ihr Forstpersonal konsequent reduzierten, andererseits aber mehr Fachkompetenz für das forstliche Personal gefordert werde. "Waldsterben ist im Augenblick eher ein Förstersterben, denn im Verhältnis zu den Forstverwaltungen selbst geht es dem Wald noch gut", so Kilz' Kritik. Ute Seeling von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzer mahnte "Augenmaß" beim Waldumbau an und warnte vor "großer Hektik" dabei, da der Umbau aus ihrer Sicht bereits seit 15 Jahren betrieben werde und insbesondere der finanziellen Förderung zu verdanken sei.
Wenig Zustimmung erhielt die Düngekalk-Hauptgemeinschaft im Bundesverband der Deutschen Kalkindustrie mit ihrer Einschätzung, dass für 60 Prozent der Waldböden hierzulande Kompensationskalkungen notwendig seien, um die Böden vor Säureeinträgen aus der Luft zu schützen. Franz-Sales Froehlich vom Fachbereich Kreisforsten der Liegenschaften und des Naturparks des Kreises Herzogtum Lauenburg sprach sich dafür aus, die knappen Finanzmittel "prioritär" für den Laubholzanbau einzusetzen und weniger für Kompensationskalkungen. Auch nach den Worten von Graf Hatzfeldt sind Kompensationskalkungen von Waldböden nicht auf allen Standorten sinnvoll. Aus seiner Sicht handelt es sich dabei ohnehin mehr um eine Symptom- als um eine Ursachenbekämpfung. Mit Blick auf den Antrag der Koalitionsfraktionen ergänzte Hatzfeld, wer es ernst meine mit der ökologischen Modernisierung der Waldwirtschaft, komme an einer Novellierung von Bundeswald- und Bundesjagdgesetz nicht vorbei. Die Notwendigkeit dafür leitete er aus den Bissschäden ab, die das Wild den Bäumen zufüge. So müssten in den Novellen Haftungsfragen ebenso angesprochen werden wie der Umbau des Waldes und eine ordnungsgemäße Waldbewirtschaftung.