Nachdem die Bundesregierung in einem ersten, nicht zustimmungspflichtigen Teil des Gentechnikgesetzes unter anderem strenge Haftungsregelungen durchgesetzt hatte, regelt der zustimmungspflichtige Teil des Gesetzes technische Fragen der Überwachung im Bereich der grünen Gentechnik.
Zufrieden, so Ministerin Petra Wernicke, sei mit diesem Gesetz wohl nur die Bundesverbraucherministerin allein. Es blieben weiterhin viele Fragen ungeklärt, eine wirkliche Koexistenz zwischen Gen-Anbau und genfreier Landwirtschaft werde so nicht erreicht, befand Wernicke. Unter den Landwirten im Bundesland Sachsen-Anhalt herrsche zunehmender Gesprächsbedarf - die Landesregierung wurde aufgefordert, sich für mehr Rechtssicherheit einzusetzen. Die zentrale Kritik der Bauern ziele auf die Haftungsbedingungen ab. Das Prinzip der verschuldensunabhängigen Haftung, wonach alle Nutzer der Gentechnik unabhängig von einem tatsächlichen Verschulden für eventuelle Schäden durch Auskreuzung bei genfrei produzierenden Landwirten haften, verhindere die grüne Gentechnik. Selbst der Bauernverband, so die Ministerin, empfehle angesichts dieser Risiken niemandem den Anbau von genveränderten Pflanzen. Nicht zuletzt sei dadurch auch mit gravierenden Einschränkungen bei der Forschung und Entwicklung der Gentechnik in Deutschland zu rechnen. Mit ihrer Regelung verstoße Künast außerdem nicht nur gegen EU-Recht, sondern möglicherweise auch gegen die deutsche Verfassung. Schließlich sei die Berufsfreiheit von Landwirten, die genveränderten Anbau betreiben wollten, eingeschränkt. Eine dahingehende Klageschrift werde vor dem Bundesverfassungsgericht in Kürze eingereicht.
Die Bundesregierung rede oft und gern von Innovation, sagte Bayerns Umweltminister Werner Schnapp-auf, handle jedoch zumeist innovationsfeindlich. Dies zeige sich in dieser Frage ganz offen. Während Bundeswirtschaftsminister Clement (SPD) die Gentechnik als Schlüsseltechnologie bezeichne, setze seine Kabinettskollegin Künast alles daran, die grüne Gentechnik zu verhindern. Die EU habe schon harte Regelungen vorgegeben, doch die Bundesregierung wolle noch stärker reglementieren und bürokratisieren. Damit vergebe man in Deutschland Wachstumschancen und die Aussicht auf neue Arbeitsplätze. Sein Ziel sei, so Schnappauf, eine verantwortungsvolle Nutzung der grünen Gentechnik. Die Sicherheit für Mensch und Umwelt stünden dabei über allem. Unter dieser Vorraussetzung müsse man der Gentechnik in Deutschland eine Chance geben. Auch Schnappauf bezweifelte die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen. Renate Künast habe dies ignoriert, ebenso alle europarechtlichen Bedenken. In der anstehenden Vermittlung müsse das Gesetz grundlegend überarbeitet werden - das betreffe den zweiten wie auch den schon in Kraft getretenen ersten Teil.
Renate Künast verteidigte das Gesetz als einen Beitrag gegen die "Anarchie auf den Feldern". Nach den grundsätzlichen Haftungsfragen aus dem ersten Teil regele man nun beispielsweise auch Fragen der Abstandshaltung zwischen Feldern mit genveränderten Anbau und herkömmlichen Pflanzen. Dies schaffe Rechtssicherheit. Künast warf den Ländern eine Blockadepolitik vor. "Sie wollen gar keine Koexistenz", wandte sie sich an ihre beiden Vorredner. Gehe es nach den Ländern, könne der Verbraucher nur zwischen den Varianten viel oder wenig Gentechnik wählen. Berufsfreiheit, so die grüne Ministerin, sei auch die Freiheit eines Landwirtes, genfrei zu produzieren. Als Verbraucherministerin trage sie im Übrigen auch eine hohe Verantwortung gegenüber den Bürgern in der Frage der Lebensmittelsicherheit. Mit diesem Gesetz sorge man dafür, dass nicht geprüfte, gentechnisch veränderte Produkte auch nicht in die Lebensmittelkette geraten können. Wie wichtig dies sei, habe der aktuelle Fall von genverändertem Mais aus den USA gezeigt, der in Deutschland ausgeliefert wurde. Damit sei klar: das Motto der Länder - je weniger Vorschriften in der Gentechnik, desto besser - stimme deshalb nicht. Das Gesetz regele, was geregelt werden müsse, so Renate Künast.