In Berlin ist bislang keine neue Regierung in Sicht, doch in Baden-Württemberg zeitigt die Bundestagswahl bereits personelle Konsequenzen: Neuer Kultusminister wird der CDU-Politiker Helmut Rau, der die bisherige Ressortchefin Annette Schavan ablöst. Schavan wurde am 18. September in Ulm direkt in den Bundestag gewählt und legt ihr Stuttgarter Amt am 5. Oktober endgültig nieder. Als Kultus-Staatssekretär wirkte der 55-jährige Südbadener im Hintergrund an den Neuerungen mit, die Schavan auf den Weg brachte. Mit der Berufung Raus setzt Ministerpräsident Günther Oettinger auf Kontinuität.
Ob Kurzzeit-Abitur, Fremdsprachenunterricht von der ersten Grundschulklasse an, flexible Einschulung oder die Aufwertung der Kernfächer in der gymnasialen Oberstufe: Nach den von Schavan angestoßenen Umwälzungen ist jetzt vor allem eine Phase der Konsolidierung angesagt, um die Umbrüche im Schulalltag zu verankern und zu stabilisieren. Dabei könnte es Rau in der Auseinandersetzung etwa mit der Lehrergewerkschaft helfen, dass er als umgänglicher Mensch gilt. Herausforderungen kommen auf Rau besonders beim Ausbau der erst in jüngerer Zeit von der Südwest-CDU stärker befürworteten Gesamtschulen und bei deren Ausstattung mit qualifiziertem pädagogischem Personal zu.
SPD-Oppositionsführer Wolfgang Drexler und die GEW richten bereits entsprechende Forderungen an den frisch gekürten Minister. Überdies stehen die beruflichen Schulen wegen der großen Nachfrage junger Leute und angesichts von zu wenig Lehrern unter Druck.
Vor der Landtagswahl in sechs Monaten sichert sich Oettinger mit der Berufung Raus auch innerparteilich ab. Die Ernennung eines Außenstehenden oder ein Kabinettsrevirement hätten in der Regierung und in der CDU-Fraktion Unruhe provoziert, was der Ministerpräsident nicht gebrauchen kann.