Das Parlament: Sie sind in der vergangenen Wahlperiode Vorsitzender des Rechtsausschusses gewesen und werden dieses Amt auch künftig inne haben. Wie wird man Ausschussvorsitzender?
Andreas Schmidt: Man kann sich nicht schriftlich darum bewerben, die Stelle wird ja nicht in der Zeitung ausgeschrieben. Am Anfang der Legislatur wird zwischen den Fraktionen verhandelt, welche Fraktion in welchem Ausschuss den Vorsitz übernimmt. Die Fraktionsführung weiß in aller Regel, wer in welchem Bereich was kann und entsprechend wird dann bei dem jeweiligen Abgeordneten angefragt, ob er sich vorstellen kann, den Vorsitz zu übernehmen. Die Union hat auch dieses Mal den Vorsitz im Rechtsausschuss - und da ich den Posten schon einmal inne hatte und die Arbeit wohl auch ganz gut gemacht habe, lag es nahe, dass ich die Chance erhalten würde, die Sache fortzuführen.
Das Parlament: Was macht die Arbeit eines Ausschussvorsitzenden aus?
Andreas Schmidt: Auch ein guter Ausschussvorsitzender ist natürlich nie neutral - er gehört ja einer politischen Fraktion an. Aber er zeichnet sich dadurch aus, dass er die Ausschussarbeit überparteilich leitet. Er darf nicht kleinkariert politisch agieren, sondern muss schon ein bisschen über den Fraktionen stehen, selbstverständlich ohne dabei seine eigene Meinung aufzugeben.
Das Parlament: Wie wichtig ist es für die Fraktionen, welche Ausschüsse sie besetzen?
Andreas Schmidt: Das ist nicht unbedeutend. Der Rechtsausschuss etwa hat auch eine Repräsentationsfunktion innerhalb des juristischen Umfelds, also in der Anwaltschaft, der Richterschaft und auch in der Presse. Der Vorsitzende steht in dieser Position für den Bundestag - aber er repräsentiert auch die eigene Fraktion. Das heißt nicht, dass man die Rechtspolitik so in eine bestimmte Richtung bringen kann. Das kann nur die Mehrheit des Ausschusses.
Das Parlament: Wie frei sind die Abgeordneten in ihren Entscheidungen im Ausschuss? Wie stark wirkt hier die Fraktionsdisziplin?
Andreas Schmidt: Die Abgeordneten sind eher frei. Es gibt immer eine Arbeitsgruppe innerhalb der Fraktion, die sich zu Besprechungen trifft und die Linie festlegt. Natürlich gibt es bei brisanten Fragen Abstimmungsbedarf mit der Fraktionsführung, damit die Fraktion ein einheitliches Bild abgibt.
Das Parlament: Bestätigt das nicht das Vorurteil, dass die wirklich wichtigen Entscheidungen lange vor den Beratungen im Ausschuss gefällt werden und die Ausschüsse nur noch Theater sind, wie es einige Ihrer Kollegen ja auch selbst sagen?
Andreas Schmidt: Diese Aussage wäre wirklich falsch. So etwas kann nur jemand behaupten, der noch keine Erfahrungen im Ausschuss gemacht hat. Dort beraten wir hunderte von Vorlagen - damit kann sich eine Fraktionsführung doch im Einzelnen gar nicht befassen. Bei den vielen Detailfragen, die es zu klären gilt, ist jedes Ausschussmitglied gefordert, sich zu positionieren und seine Erfahrungen einzubringen. Da sitzt kein Stimmvieh, das nur abnickt, was schon längst entschieden ist.
Das Parlament: Was unterscheidet die Beratungen im Ausschuss von den Debatten im Plenum?
Andreas Schmidt: Ein hoher Prozentsatz der Entscheidungen fällt einvernehmlich. Das sind einfach Sachfragen, die nach Vernunftsgesichtspunkten entschieden werden. Da kommt es oft vor, dass alle zustimmen. Im Allgemeinen geht es im Ausschuss sachlicher und kollegialer zu als im Plenum - auch, weil die Kameras nicht dabei sind. Hier sollen Chancen für Einigungen ausgelotet werden. Ohne Öffentlichkeit ist ein Politiker viel weniger versucht, sich zu profilieren. Während sich die Abgeordneten in den Auschüssen durch Diskussionen oder durch die Anhörung von externen Experten überzeugen lassen und bereit sind, ihre Meinung eventuell zu revidieren, gibt es im Parlament keine Änderungen mehr. Damit will ich die Debatten, die öffentlich übertragen werden, nicht kleinreden. Die sind für die Bevölkerung: Die Leute sollen ja die unterschiedlichen Standpunkte der einzelnen Fraktionen in der Plenardebatte erkennen.
Die Interviews führte Susanne Kailitz