Tamilisches Rebellenlager in Sri Lanka von Regierungstruppen bombardiert", "Mutmaßliche Terroristen in Großbritannien festgenommen", "Polizeichef in Afghanistan durch Aufständische bei Bombenattentat getötet" - drei Berichte aus der "Frankfurter Rundschau" Mitte August. Sie zeigen deutlich, dass politisch motivierte Gewalttäter ganz unterschiedlich benannt werden. Bis nach dem Zweiten Weltkrieg konnten völkerrechtlich auch sämtliche Widerstandskämpfer in besetzten Ländern als Terroristen bezeichnet werden. Erst 1949 mit der Genfer Konvention wurden die Mitglieder organisierter Widerstandsgruppen offiziell zu Kombattanten.
Der Terrorismus nahm in der jüngeren Geschichte eine rasante Entwicklung. Zunächst konzentrierten sich die Aktivisten auf innerstaatliche Angelegenheiten. So wollten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im zaristischen Russland die von Kommunisten und Anarchisten beeinflussten Narodniki mit Gewaltakten die Bevölkerung zum Aufstand für den Sozialismus aufrütteln. Die Ermordung von Zar Alexander II. bereitete das Ende der Gruppe vor: Als Reaktion auf das Attentat löschte der russische Geheimdienst die Narodniki fast vollständig aus.
Zwischen den beiden Weltkriegen wurde in den USA mit dem Ku-Klux-Klan eine rechtsextreme Terrorgruppe bekannt. In Europa gingen den Machtübernahmen Hitlers in Deutschland, Mussolinis in Italien und Stalins in der Sowjetunion Unruhen, Attentate und Straßenkämpfe von extrem rechten und linken Lagern voraus. Noch während des Zweiten Weltkrieges begannen im damaligen Palästina zwei Terrorgruppen ihren Kampf, an dessen Ende die Gründung des Staates Israel stand. Den Gruppen "Lehi" und "Irgun", letztere seit 1943 von Menachem Begin angeführt, war klar, dass sie die britische Besatzungsarmee im offenen Kampf nicht besiegen konnten. Sie gingen mit gezielten Anschlägen gegen britische Einrichtungen vor. Am spektakulärsten war 1946 der Anschlag auf das King-David-Hotel, dem Hauptquartier der britischen Streitkräfte. Die 91 Toten schreckten die Weltöffentlichkeit auf, die nun nach Palästina sah. In Großbritannien kippte die öffentliche Stimmung, man wollte die Soldaten nach Hause holen. 1948 wurde der Staat Israel gegründet, Menachem Begin wurde 1977 israelischer Ministerpräsident und erhielt im Jahr darauf den Friedensnobelpreis.
Im nordöstlichen Teil des Mittelmeeres agierten auf Zypern griechische Terroristen. Anfang der 1950er-Jahre versuchte die die nationale Organisation der Zypriotischen Kämpfer EOKA, mit ihrem etwa 400 Mann umfassenden harten Kern die 40.000 Mann starken britischen Besatzungstruppen aus dem Land zu jagen. Mit Hilfe des Erzbischofs Makarios wurde schließlich mit den Vereinten Nationen eine unabhängige Republik Zypern ausgehandelt. Die EOKA lieferte ihre Waffen ab, Makarios wurde 1960 der erste zypriotische Präsident.
Nur indirekt erfolgreich war der Aufstand der Mau-Mau in Kenia. Wie in vielen anderen afrikanischen Kolonien erhob sich im Rahmen der Entkolonialisierung die einheimische Bevölkerung. Der Konflikt wurde mit großer Härte von beiden Seiten geführt und endete in dem von den Briten blutig niedergeschlagenen Mau-Mau-Aufstand (1952-1957). Der Kampf der Einheimischen war militärisch verloren. Erst die offensichtlichen Menschenrechtsverletzungen in den britischen Internierungslagern, in denen zehntausende Verdächtige inhaftiert waren, lösten schließlich den Rückzug Großbritanniens aus. 1963 wurde Kenia schließlich in die Unabhängigkeit entlassen.
Der Kampf der Algerier gegen die Franzosen gilt als einschneidend für die Entwicklung des Terrorismus. Die FLN, die "Nationale Befreiungsfront", hatte den Franzosen 1954 den Krieg erklärt. Mit Sprengstoffanschlägen entfesselte sie eine Schreckensherrschaft, die von den Franzosen ebenso brutal erwidert wurde - was der FLN die Bevölkerung in die Arme trieb. Als Frankreich eine Volksabstimmung über die Unabhäng-igkeit einleitete, versuchte eine Geheimorganisation französischer Militärs zu putschen. 1962 verkündete Präsident Charles de Gaulle das Ende von "Algerie Francaise". Unter der Überschrift "Der Terror fängt erst an" schrieb Sebastian Haffner danach in der "Welt", dies sei die neue Form der Kriegsführung. Sie sei nun "die normale, vielleicht sogar die einzig mögliche".
Es hatte sich gezeigt: Mit Hilfe der Öffentlichkeit und genügend Sympathisanten kann Terrorismus zum Erfolg führen. Daran orientierte sich die PLO unter Jassir Arafat im Kampf um ein eigenständiges Palästina. Die Palästinensische Befreiungsorganisation bildete Mitte der 60er-Jahre mehrere Terrorgruppen, unter ihnen das Kommando "Schwarzer September", das bei den Olympischen Spielen 1972 elf israelische Sportler als Geiseln genommen hatte. Die Terroristen wollten 276 in Israel inhaftierte Araber freipressen. Der Befreiungsversuch durch die deutsche Polizei missglückte - alle Geiseln, fünf Terroristen und ein Polizist starben. Schon zuvor hatten die Kommandos der PLO israelische Dörfer niedergebrannt und Flugzeuge entführt - doch erst die Geiselnahme von München führte dazu, dass die UN sich mit den Flüchtlingslagern der Palästinenser beschäftigte. 1974 durfte Arafat vor der Vollversammlung der UN sprechen, die PLO erhielt Beobachterstatus und nahm mit mehr als 80 Staaten diplomatische Beziehungen auf.
Die PLO war in den 60er- und 70er-Jahren Vorbild für sozialrevolutionäre Terrorgruppen in Westeuropa. Aktivisten der deutschen Rote Armee Fraktion (RAF), der Roten Brigaden in Italien, der Action directe in Frankreich zum Beispiel wurden in PLO-Lagern ausgebildet. Die RAF, die das bundesrepublikanische System in die Knie zwingen wollte, versuchte durch internationale Kooperation eine neue Qualität im Terrorismus zu etablieren: Die Entführung der Lufthansamaschine "Landshut" nach Mogadischu im Oktober 1977 ging auf das Konto eines palästinensischen Terrorkommandos, das die Freilassung inhaftierter RAF-Führer forderte. Das Kommando blieb erfolglos: Die GSG 9 befreite die Geiseln und tötete drei der vier Entführer.
Der sozialrevolutionäre Terrorismus in Westeuropa gewann nie viele Sympathisanten. Spätestens mit dem Ende des Kalten Krieges sahen seine Anhänger zudem ihre theoretische Grundlage schwinden. In anderen Teilen der Welt agieren derartige Gruppen noch immer, so der maoistisch inspirierte "Leuchtende Pfad" in Peru und die sich ebenfalls auf Mao beziehenden Naxaliten in Zentralindien.
Bis in die jüngste Vergangenheit waren beziehungsweise sind ethnisch-separatistisch motivierte Terrorgruppen in Europa aktiv. Im Kampf der katholischen Irish Republican Army gegen die britischen Besatzer mischten sich ethnische mit religiösen und sozialen Motiven. Jahrzehntelang hatten sich die beiden verfeindeten Seiten unversöhnlich gegenüber gestanden, 4.000 Tote werden dem Konflikt seit den Barrikadenkämpfen 1969 in Londonderry zugerechnet. Nach Friedensverhandlungen, die vom politischen Arm der IRA, der Sinn Fein Partei, mit der britischen Regierung geführt worden waren legte die IRA im Sommer 2005 die Waffen nieder. In Spanien versucht man, mit Terroristen zu verhandeln. Seit 38 Jahren kämpft dort die ETA für ein unabhängiges Baskenland. Bislang wurden dabei 800 Menschen getötet. Vor etwa einem halben Jahr bot die ETA der spanischen Regierung einen Waffenstillstand an, woraufhin Präsident Zapatero Friedensverhandlungen ankündigte.
Seit den 1980er-Jahren gewinnt Religion als Begründung für terroristische Anschläge an Bedeutung. In den USA sorgte 1995 der Anschlag auf ein Gebäude der Bundesbehörden in Oklahoma für Aufsehen. Drei junge Männer mit Verbindung zur rassistischen, fundamentalistischen "Christian Identity" töteten 168 Menschen. Viele Mitglieder fundamentalistisch-christlicher Milizen wurden seither in den USA verhaftet.
Der religiös-politisch motivierte Terrorismus muslimischer Extremisten begann in den 1980er-Jahren. Die islamische Revolution im Iran 1979 stärkte das muslimische Selbstbewusstsein, nach dem Zweiten Golfkrieg (1990/91) bildeten sich verstärkt extremistische muslimische Netzwerke. Auf der Terror-Liste der EU findet sich ein halbes Dutzend muslimischer extremistischer Organisationen. Auch wenn sie den Islam als Rechtfertigung benutzen, sind ihre Ziele unterschiedlich. Während das Fernziel von Al-Qaida ein panislamischer Staat ist, wollen Organisationen wie die Hamas Israel vernichten und einen palästinensischen Gottesstaat errichten.
Die Autorin ist freie Journalistin in Esslingen.