Noch vor Jahren unvorstellbar, aber schon jetzt eine Tatsache - es mangelt an Ärzten. Insbesondere in den ländlichen Gebieten der neuen Bundesländer nimmt der Ärztemangel zu, was auch Statistiken der Bundesärztekammer bestätigen. Ein neues Vertragsarztrecht soll dem entgegenwirken. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung, dem die Länderkammer am 24. November zugestimmt hat, sieht vor, dass Ärzte künftig Zweitpraxen eröffnen dürfen, die auch außerhalb ihres eigenen Zulassungsbezirks liegen können. Mediziner können künftig auch Kollegen in ihrer Praxis anstellen, was bisher nur eingeschränkt möglich war, und Teilzulassungen erhalten. In unterversorgten Bereichen sollen Ärzte außerdem auch nach dem 68. Lebensjahr tätig sein dürfen. Ermöglicht werden zudem örtliche und überörtliche Praxisgemeinschaften von Ärzten und anderen Leistungserbringern, wie Psychotherapeuten.
In einer Entschließung billigte der Bundesrat den gesetzlichen Krankenkassen außerdem ein Jahr mehr Zeit für den Abbau ihrer Schulden zu. Sie sollen demnach Ende 2008 schuldenfrei sein.
Die Flexibilisierung der vertragsärztlichen Tätigkeit, so Sachsens Gesundheitsministerin Helma Orosz (CDU) vor der Länderkammer am 24. November, sei wichtig, um mittelfristig die ärztliche Versorgung auch auf dem Lande sicherzustellen. In den vergangenen Monaten hätten allein in Sachsen 24 Praxen geschlossen werden müssen, da sie sich nicht mehr besetzen ließen. Die Möglichkeit der Teilzeitniederlassung könne dem möglicherweise entgegenwirken, insofern helfe dieses Gesetz gegen den Ärztemangel.
Kritisch äußerte sich Orosz jedoch zum im Gesetz geplanten Entschuldungsplan für die Krankenkassen. Damit diese beim geplanten Start des Gesundheitsfonds 2009 schuldenfrei seien, ist eine gegenseitige Entschuldung der Kassen geplant. Damit, so Orosz, würden gut wirtschaftenden Kassen bestraft und schlecht wirtschaftenden Kassen belohnt. Es könne sogar zu Beitragserhöhungen bei ansonsten profitablen Kassen kommen. So werde es bei der AOK Sachsen eine Erhöhung um einen Prozentpunkt geben. Dies, so die Ministerin, habe mit Solidarität nichts zu tun. Auch Bayerns Sozialministerin Christa Stewens (CSU) lehnte das Gesetz ab. Sie brachte einen Entschließungsantrag ein, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, die Frist zur Entschuldung generell bis 2008 laufen zu lassen. Im Gesetz ist dies bis 2007 vorgesehen. Nachdem der bayrische Vorschlag im ersten Anlauf knapp gescheitert war, wurde auf Antrag noch einmal abgestimmt. Diesmal gab es eine knappe Zustimmung.
Für die Bundesregierung verteidigte die Parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, Marion Caspers-Merk (SPD), den Entschuldungsplan. Es gehe nicht anders, die Schulden müssten abgebaut werden. Die meisten Probleme bereite dabei die AOK. Derzeit gebe es fünf Ortskrankenkassen mit einem positiven Saldo, denen elf verschuldete Kassen gegenüberstünden. Solidarität sei eben keine Einbahnstraße, so Caspers-Merk. Eine gegenseitige Entschuldung sei beispielsweise im Betriebskrankenkassensystem schon lange üblich. Dies müssten nun auch die Allgemeinen Ortskrankenkassen leisten, wollten sie schuldenfrei in die neue Finanzordnung gehen.