Mit schlagzeilenträchtigen Demonstrationen erregt das eher beschauliche Saarland gemeinhin selten Aufmerksamkeit. Der Streit um die Zukunft des traditionsreichen Bergbaus indes pflegt die Leute zu elektrisieren. Da reisten hunderte Kumpel in der vergangenen Woche selbst bis nach Dresden, um zusammen mit Kollegen von Rhein und Ruhr gegen die Forderung des CDU-Parteitags zu protestieren, die Kohlesubventionen "in der ersten Hälfte des nächsten Jahrzehnts" auslaufen zu lassen und so das Aus des Bergbaus zu besiegeln. Saarlands Ministerpräsident Peter Müller und der Düsseldorfer Regierungschef Jürgen Rüttgers wurden ausgepfiffen, als sie vor den Demonstranten diese Ausstiegspläne vertei- digten. Aber nicht nur die Kumpel zeigen Flagge. Regelmäßig gehen im Raum Lebach, wo die unter dem Dach des Energiekonzerns RAG angesiedelte Deutsche Steinkohle AG (DSK) an mehreren Förderstandorten buddelt, wegen häufiger Kohlebeben hunderte braver Hausbesitzer auf die Straße, um ein rasches Ende des Bergbaus zu fordern. Eine Schließung der Zeche erst 2015 oder noch später ist jedoch für Peter Lehnert, den Vorsitzenden des Verbands der Bergbaubetroffenen, "vollkommen inakzeptabel".
Die kalte Jahreszeit dürfte an der Saar zu einem politisch heißen Winter werden. Bis zum Frühjahr nämlich soll die Entscheidung über die Zukunft des deutschen Bergbaus fallen. Dieses Votum liegt in den Händen des "Kohlegipfels", der sich am 29. November nach dem CDU-Parteitag allerdings noch immer nicht über die Zukunft der Kohleförderung einigen konnten. Die Union zielt wegen der billigeren Importkohle und zwecks Abschaffung der milliardenschweren Subventionen konsequent auf ein Aus für den Bergbau, das möglichst sozialverträglich erfolgen soll. Auch SPD und Gewerkschaft kalkulieren mit einem weiteren Herunterfahren der bereits massiv reduzierten Kapazitäten. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) will jedoch für den Erhalt eines Sockelbergbaus mit einer jährlichen Förderung von sechs bis acht Millionen Tonnen Kohle kämpfen, momentan sind es noch rund 25 Millionen. SPD und Gewerkschaft argumentieren mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen und der weltweit wachsenden Energieverknappung samt steigenden Preisen, obendrein soll das Exportprodukt Bergwerkstechnologie fortentwickelt werden.
Beim Streit um das "schwarze Gold" steht das Saarland medial im Schatten Nordrhein-Westfalens. An Rhein und Ruhr arbeiten sieben der acht verbliebenen Gruben, und von den noch 35.000 DSK-Beschäftigten leben nur 7.000 im Südwesten. Allerdings hat die Kohle an der kleinen Saar eine weitaus größere ökonomische Bedeutung. Die oppositionelle SPD sieht hier im Bergbau weiterhin eine "maßgebliche Säule der saarländischen Wirtschaft". Dessen Ende würde "katastrophale Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt" haben. Peter Müller will parallel zum Ausstieg "Inves- titionen in den Strukturwandel" tätigen und dazu bisherige Kohlesubventionen der Bundesregierung nutzen. Das sei Augenwischerei, kontert die Gewerkschaft, da nach EU-Recht solche Zuschüsse gar nicht umgewidmet werden könnten. Für die DSK-Beschäftigten gebe es nun mal keine Ersatzjobs, betont Saar-Gewerkschaftschef Dietmar Geuskens, "auch wenn das seitens der Politik immer wieder behauptet wird". Wie angesichts der verhärteten Fronten ein Kompromiss gefunden werden soll, ist bislang nicht ersichtlich. Eines aber ist absehbar: An der Saar stehen die Zeichen auf Sturm.