Unter dem Motto "Denk ich an Deutschland" hatten der Bundestag, die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) und die Jugendpresse Deutschland vom 27. bis 1. Dezember 40 Nachwuchsjournalisten eingeladen, mit Politikern und Vertretern der Hauptstadtmedien zu diskutieren. Das Hauptthema im vierten Jahr der Veranstaltungsreihe könnte nicht besser zum Heine-Jahr passen: Patriotismus. Die Atmosphäre in Deutschland während und nach der Fußball-WM hat die Macher auf die Idee gebracht, diesem Phänomen journalistisch auf den Grund zu gehen. Dass Sönke Wortmann seinen Fußball-Film ausgerechnet nach Heines "Wintermärchen" benannt hat, ist da ein netter Zufall.
"Ich finde es großartig, dass die jungen Medienmacher den Mut haben, ein so belastetes Thema wie Patriotismus ohne Scheu anzugehen", sagte Thomas Krüger, Präsident der bpb. "Es ist wichtig, sich damit differenziert auseinanderzusetzen - denn es ist mehr als ein Fußball-Sommermärchen."
In der Tat war die Herangehensweise der 40 Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten vielschichtig. Über "Integration und Zusammenleben", "Rechtsextremismus" oder "Sport" diskutierten sie mit Bundespolitikern und Redakteuren wie etwa Spiegel-Kulturchef Matthias Matussek. Sie interviewten engagierte Jugendliche, die sich für Menschenrechte und Integration einsetzen, bekamen aber auch die Chance, die Rechercheergebnisse in eigene Beiträge fließen zu lassen - sei es während ihrer Pressehospitationen bei ZDF, RTL oder dpa oder für die Veranstaltungszeitung "politik orange".
Kein Problem für die jungen Talente: Die meisten sind längst auf den unteren Sprossen der journalistischen Karriereleiter, sie schreiben in ihrem Alltag für die Stuttgarter Nachrichten, die Mainpost oder managen Portale wie jesus.de. Schülerzeitung, das war ihnen irgendwann zu wenig. Um beim Bundestagsworkshop dabei zu sein, mussten sie auch schon ihr Können beweisen: Anmelden allein reichte nicht aus. Sie mussten sich regulär bewerben, mit einem Artikel über eines der vorgegebenen Themen.
Die Gastgeberin, Bundestagsvizepräsidentin Susanne Kastner (SPD), freute sich, dass die Jugendlichen aus dem gesamten Bundesgebiet sich darauf eingelassen haben, andere Facetten ihres Heimatlandes kennen zu lernen. "Vielleicht müssen wir unser Land neu entdecken, um dann auch für die Gesellschaft und unsere Demokratie einzustehen." Der Bundestag sei "ein guter und passender Ort um dieses Thema von verschiedenen Seiten zu erörtern".
Ob Patriotismus gut oder schlecht ist oder wie man damit umgehen soll, darüber konnte sich der Pressenachwuchs von Anfang an nicht einigen - auch diese Uneinigkeit mag typisch für dieses Land sein. Eindeutig war für Organisatorin Marlena Köpke von der Jugendpresse allerdings, dass die Veranstaltung wie in den vergangenen Jahren für die Jugendlichen "die ideale Möglichkeit bot, die Arbeit von Politikern und Journalisten von der anderen Seite kennen zu lernen". Ihr Wunsch: weiterhin so viel Tatendrang.
"Denk ich an Deutschland", meinte bpb-Präsident Krüger, "sehe ich ein Land mit Stärken und Schwächen und einer engagierten Jugend. Das macht Hoffnung."