Recht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will bis Juni 2007 einen Verfahrensvorschlag vorlegen, wie man die festgefahrene Debatte über eine europäische Verfassung überwinden kann. Dazu sei sie in Kontakt mit anderen EU-Mitgliedstaaten, erklärte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) am 29. November im Rechtsausschuss auf eine entsprechende Frage aus den Reihen der CDU/CSU. Man müsse in diesem Zusammenhang auch berücksichtigen, dass die Franzosen im nächsten Jahr ihren Präsidenten wählten. Frankreich hätte zu den Ländern gehört, die die europäische Verfassung in einer Volksabstimmung abgelehnt hatten.
Die Ministerin sagte weiter, es gebe mit Blick auf die deutsche EU-Präsidentschaft Anfang kommenden Jahres drei Säulen, auf die man sich konzentrieren wolle: die Stärkung der Bürgerrechte, mehr Rechtssicherheit für Bürger und Wirtschaft und die Stärkung der Justiz und der praktischen Zusammenarbeit. Bei den Bürgerrechten wolle sich die Bundesregierung unter anderem darum bemühen, dass Mindeststandards - wie die Garantie eines Rechtsanwalt von Anfang an, die Garantie der eigenen Landessprache im Verfahren und möglichst frühe Informationen über den Verfahrensstand - gewährleistet würden. Das "steht ganz vorne auf der Agenda", so Zypries. Aber es gebe Widerstände aus anderen EU-Ländern, vor allem solche mit einem angelsächsisch geprägten Rechtssystem. Dort sei man der Meinung, dass ausschließlich die Polizei für den Fall zuständig sei und erst zu einem späteren Zeitpunkt der Beschuldigte das Recht auf einen Verteidiger habe, so die Ministerin auf Nachfrage der FDP. Deutschland sei darum bemüht, Verbündete in der EU zu finden, die ihren Standpunkt unterstützen.
Auf eine Frage der Linksfraktion, wie es um die demokratische Kontrolle von Eurojust, der europäischen Justizbehörde, die unter anderem die Arbeit der nationalen Behörden Europas koordinieren soll, bestellt sei, antwortete Zypries, es bedürfe solcher Kontrolle nicht, da die Behörde keine hoheitlichen Befugnisse ausübe. Dies fand Widerspruch von Bündnis 90/Die Grünen: Die Auffassung der Ministerin sei zwar formal richtig, aber man müsse die "immensen Auswirkungen" vor Ort beachten. Die Behörde werde sich zu einer europäischen Staatsanwaltschaft entwickeln. Was fehle, sei eine europäische Rechtsanwaltschaft. Die Ministerin erklärte dazu, es sei nicht Sache des Rates, so etwas zu organisieren. Das überlasse man besser der Selbstorganisation.