Das Kernstück der Reform soll am 1. Januar 2009 starten. In den Fonds fließen die Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sowie ein Steuerzuschuss. Aus diesem Finanztopf erhalten die Kassen für ihre Versicherten jeweils eine Grundpauschale sowie alters- und risikobezogene Zuschläge. Die Beiträge werden auch weiterhin von den Kassen eingezogen, allerdings wird die Höhe künftig von der Regierung für das gesamte Bundesgebiet einheitlich festgelegt. Um gesamtgesellschaftliche Aufgaben wie die beitragsfreie Kinderversicherung in der GKV aufrechtzuerhalten, sollen den Kassen Steuermittel bereitgestellt werden. Im Gesetzentwurf der Koalition ist vorgesehen, im Jahr 2008 1,5 Milliarden und 2009 3 Milliarden Euro an Steuern aufzubringen. Dieser Bundeszuschuss soll sich dann langsam steigern. Die genaue Finanzierung muss im Laufe des Verfahrens noch beraten werden.
Kommt eine Kasse nicht mit den ihr zugewiesenen Finanzmitteln aus dem Gesundheitsfonds aus, kann sie von ihren Versicherten eine Zusatzprämie erheben. Diese darf ein Prozent des monatlichen Einkommens, beziehungsweise ein Prozent der Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 3562,50 Euro bei Gutverdienern, nicht überschreiten. Bis zu einer Höhe von 8 Euro monatlich entfällt die Prüfung des individuellen Einkommens. Für Sozialhilfeempfänger und Rentner mit einer staatlichen Grundsicherung übernehmen die Sozialträger die Kosten. Alle anderen Versicherten können sich künftig auf ein Sonderkündigungsrecht beziehen und zu einer anderen Kasse wechseln, die keinen Zusatzbeitrag erhebt.
Künftig erhält jeder Bürger ein Rückkehrrecht in seine letzte private oder gesetzliche Versicherung. Um die Rückkehr zu vereinfachen, sollen die privaten Krankenversicherungen einen Basistarif anbieten, der sich am GKV-Leistungskatalog orientiert und allen Neu- und Altkunden offen steht. Die Prämien dazu dürfen sich nur nach Alter und Geschlecht unterscheiden, Risikozuschläge im Rahmen einer Gesundheitsprüfung darf es nicht geben. Der Wechsel zwischen den privaten Kassen soll erleichtert werden. Die Mitnahme von Altersrückstellungen soll unter bestimmten Bedingungen möglich sein. Der Eintritt in die private Krankenversicherung wird erschwert. Bisher konnte jeder, dessen Einkommen erstmals die Versicherungspflichtgrenze von derzeit 47.250 Euro übersteigt, noch im selben Jahr aus der gesetzlichen Versicherung in eine private Kasse wechseln. Künftig ist ein Wechsel erst möglich, wenn das Jahreseinkommen drei aufeinander folgende Jahre über der Grenze lag, die 2007 auf 47.700 Euro erhöht wird.
Das ist der Finanzausgleich zwischen den Kassen, der sich künftig an 50 bis 80 schwerwiegenden Krankheiten orientieren soll. In die Auswahl kommt eine Krankheit, wenn die Behandlungskosten die Durchschnittkosten der Kassen pro Versicherten um mindestens 50 Prozent überschreiten. Kassen mit vielen älteren und chronisch kranken Patienten sollen damit stärker unterstützt werden. Um die Kassen in Ländern mit vielen einkommensstarken Beitragszahlern wie Bayern, Baden-Württemberg oder Hamburg aber nicht über Gebühr zu belasten, wird eine so genannte Länder-Schutz-Klausel eingeführt. Während einer Übergangsphase werden die Mehrbelastungen der Kassen eines Landes auf 100 Millionen Euro jährlich begrenzt.
Verbesserungen für die gesetzlich Versicherten sind durch Ausweitungen von Regelleistungen auf Schutzimpfungen und Eltern-Kind-Kuren geplant. Diese werden künftig von den Kassen übernommen. Dagegen sind Leistungskürzungen in Fällen selbst verschuldeter Behandlungsbedürftigkeit möglich. So sollen Versicherte an Folgekosten für Schönheitsoperationen oder Piercings beteiligt werden. Bei chronisch kranken Patienten bleibt die Zuzahlung nur dann auf ein Prozent des Einkommens beschränkt, wenn sie sich therapiegerecht verhalten und Vorsorgeuntersuchungen mitmachen.
Trotz des einheitlichen Beitragssatzes sollen die Kassen ihren Wettbewerb untereinander verstärken. Obwohl die Grundleistungen bei allen gleich bleiben, können Mitglieder Geld sparen, wenn sie einen Hausarzt-, Selbstbeteiligungs-, oder Kostenerstattungstarif wählen. Auch bekommen die Kassen künftig mehr Möglichkeiten, mit den Herstellern günstigere Preise für Arzneimittel auszuhandeln. Um Zusammenschlüsse zu erleichtern, dürfen auch verschiedene Kassenarten wie Orts- und Betriebskrankenkassen fusionieren. Überschüsse können die Krankenkassen ihren Versicherten in Form von Beitragsrückzahlungen erstatten.
Ebenfalls zum 1. Januar 2009 wird eine neue Gebührenordnung für Ärzte eingeführt, welche das bisherige Honorarsystem nach Punkten ablöst. Künftig soll nach Euro und Cent abgerechnet werden können.
Die Autorin ist Korrespondentin der Nachrichtenagentur ddp in Berlin.