Mit "Knut" und "Flocke" klinge das Thema inzwischen ein wenig kitschig, gibt Eva Bulling-Schröter zu. Nichtsdestotrotz ist der Schutz von Eisbären und anderen bedrohten Arten weiterhin Herzensangelegenheit für sie. "Der Tierschutz war mir immer ganz wichtig", sagt die stellvertretende Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. "Ganz furchtbar" findet sie die Jagd auf Wale und Robben. Die Berichte über die vom Klimawandel bedrohten Eisbären berührten sie immer sehr, sagt die 1956 im bayerischen Ingolstadt geborene Abgeordnete der Linkspartei. "Das Thema ist für mich sehr emotionell." Sie selbst hatte immer ein Haustier, derzeit ist es der Mischlingshund Chico aus einem Tierheim in Madrid.
Ihre Sensibilität für Tier- und Naturschutz sei als Betriebsrätin in einem Ingolstädter Metallbetrieb geweckt worden, wo sie sich mit Gefahrstoffen befasste. Politisch aktiv ist die heute 52-Jährige seit 1974: zunächst in der DKP, seit 1990 in der PDS, die später in der Linkspartei aufging. Die ausgebildete Schlosserin engagierte sich in Gewerkschaften, verschiedenen Tierschutz- und Umweltgruppen und der Friedensbewegung. Sie demonstrierte gegen den Donauausbau, die Gentechnik und die Startbahn West. Bundestagsabgeordnete war sie von 1994 bis 2002 und ist es wieder seit 2005. "Ich versuche, das Parlamentarische mit dem Außerparlamentarischen zu verbinden", sagt Bulling-Schröter, die in Bayern auch Landessprecherin ihrer Partei ist. Sie erarbeite Anfragen und Anträge häufig zusammen mit Initiativen aus dem Umwelt- und Tierschutzbereich.
Zwei ihrer Schwerpunktthemen sind die Gentechnik und der Klimawandel - beides Entwicklungen, die sie als besondere Bedrohungen für die Biodiversität einschätzt. "Die Gentechnik ist eine absolute Gefahr für die Artenvielfalt", ist sie überzeugt. Das jüngst beschlossene Gentechnikgesetz sieht sie kritisch und hält die verlangten Abstände zwischen Feldern mit gentechnisch veränderten Pflanzen und solchen mit nicht gentechnisch veränderten Pflanzen für zu gering. Die Gefahr der Kontaminierung bestehe weiter, eine Koexistenz zwischen gentechnisch veränderten und nicht veränderten Pflanzen sei "faktisch nicht möglich". Außerdem: "Wir brauchen keine gentechnisch veränderten Lebensmittel", sagt sie. Und schließlich sei ja auch die Mehrheit der Bürger gegen Gentech-Nahrungsmittel.
Das Thema Klimaschutz möchte sie in enger Verbindung mit der sozialen Frage behandelt wissen: "Umweltschutz und Soziales sind nicht zu trennen." Klimaschutz dürfe nicht zu sozialer Ausgrenzung führen. Entsprechend fordert sie auch besondere Tarife bei Gas und Strom für sozial schwache Haushalte. Mindestens 50 Prozent unter dem günstigsten Tarif des jeweiligen Energieversorgers sollten diese "Sozialtarife" liegen und mit einer Energieberatung verbunden sein. Die explizite Verknüpfung des Umweltschutzes mit der sozialen Frage sei auch einer der Gründe gewesen, warum ihr die Linke näher als die Partei der Grünen war und ist, erklärt Bulling-Schröter.
Das Engagement gegen den Klimawandel und das Aussterben der Arten ist für die Politikerin auch aus arbeitsmarktpolitischen Gründen zugleich Sozialpolitik. "Durch Artenschutzprojekte können im regionalen Bereich viele neue Arbeitsplätze entstehen", sagt sie. Darüber hinaus sei Klimaschutz auch Friedenspolitik. Schließlich könnten so Konflikte um die knapper werdenden Ressourcen vermieden werden. Ein schneller Ausstieg aus der Energieversorgung durch fossile Rohstoffe sei also auch "ein Beitrag zum Frieden".
Allerdings ist der Abgeordneten das von der EU geplante Ziel einer 20-prozentigen Verringerung der CO2-Emissionen bis 2020 viel zu niedrig angesetzt. Eine Minderung um mindestens 30 Prozent sei nötig. "Wir stehen an einem Scheideweg: Versuchen wir die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen oder machen wir weiter so", sagt sie. Geschehe Letzteres würden viele Arten "von der Festplatte gelöscht". "Das wäre ein großer Verlust für die Welt - wir brauchen die Arten auch alle."