"Der Plenarsaal ist ein ganz besonderer Ort. Hier werden Gesetze gemacht, die für ganz Deutschland gelten. Weil er so wichtig ist müssen sich Abgeordnete und Besucher an die Hausordnung halten. Mäntel, Tiere und das Pausenbrot müssen draußen bleiben." So kann man es auch sagen - wenn man Menschen erreichen will, die es komplizierter nicht verstehen.
Der "Kuppelkucker" will genau das: Kindern ab acht Jahren erklären, wo und wie Abgeordnete arbeiten, warum es sie gibt und was die Stimme, mit der sie gewählt werden, mit den in ihrer Welt geltenden Regeln zu tun hat.
Unter www.kuppelkucker.de lernen Kinder "Klick für Klick" den Deutschen Bundestag und seine Strukturen von innen kennen: Sie besuchen eine Abgeordnete in ihrem Büro, einen Sitzungssaal der Ausschüsse, den Plenarsaal und natürlich die Reichstagskuppel und erfahren an jedem Ort in einfachen Worten, wie dort gearbeitet wird. Unter der Kuppel gibt es für den virtuellen Marsch durch das Gebäude statt Lehrreichem eine Belohnung: Im Spiel "Kuppelstürmer" kämpfen Kinder gegen die natürliche Begrenzung des Aufzugs: Wie können möglichst viele Besucher in möglichst kurzer Zeit dort hoch gelotst werden? Der Kuppelkucker ist aber auch der direkte Weg von Kindern zu ihren parlamentarischen Vertretern. Nicht nur, weil jeder und jede über den Wohnort den Abgeordneten des Wahlkreises finden kann, sondern vor allem, weil die Kinderkommission des Bundestages (KiKo) einen Kontakt eingerichtet hat: E-Mails, die in den quietschgelben Postkasten geworfen werden, gehen direkt an das fünfköpfige Gremium, dessen Aufgabe es ist, Rechte von Kindern durchzusetzen und ihre Interessen wahrzunehmen. Den Erfolg der Kommission zeigen nicht nur viele Initiativen der letzten Jahre, sondern auch ein gar nicht mehr so jugendliches Alter: dieser Tage feiert die "KiKo" zwanzigstes Bestehen.
Aber interessieren sich Kinder denn überhaupt für den Bundestag? "JA!" sagt Nathalie Hillmanns-Weis, Referentin für Online-Auftritte des Bundestags, man hört förmlich das Ausrufezeichen. "Wenn man ihnen auf Augenhöhe begegnet und sie nicht über- oder unterfordert finden Kinder früh zur Politik - schließlich wird bereits ihr Leben davon bestimmt." Dass sie Recht hat, beweisen die Internet-Redakteurin und ihre Kollegin Katrin Ommeln, Diplom-Dokumentarin: monatlich 240.000 Klicks hat der Kuppelkucker - einiges mehr als das Jugendportal des Bundestages. Dabei ist der Start nicht mal ein Jahr her. Aber auch die Ergebnisse des Jugend-Portals sind erklärbar: "Es gibt natürlich Jugendliche, die begeistert sind von politischer Arbeit. Bei vielen gilt in der Pubertät aber auch: Wegen Umbau gerade nicht erreichbar!" Dass es die Interessierten dennoch gibt, beweist ein Blick auf "mitmischen.de". Das Portal richtet sich an 15 bis 20-Jährige und kommt sichtlich erwachsener daher als der Kuppelkucker. Zu aktuellen Parlamentsthemen bietet "mitmischen.de" Informationen, Reportagen, Interviews - und lässt Jugendliche auch umfangreich selbst zu Wort kommen. Die Gelegenheit nutzen sie gerne und oft. In Chats und Foren diskutieren sie mit Abgeordneten oder untereinander: über steigende Lebensmittelpreise und die Weltbank, über illegales Glücksspiel, Atomausstieg oder auch die Rentenreform. Jugendliche interessieren sich für Rente? "Das ist ein Top-Thema!", sagt Hillmanns-Weis, "viele, die heute 15 oder 16 sind, machen sich ernsthaft Sorgen, was für sie im Alter übrig bleibt." Um darauf zu reagieren, lautet auch das aktuelle Schwerpunktthema von mitmischen.de: "Zukunftssicherung".
Spannend sind dort nicht zuletzt die Debatten, die Jugendliche sich mit Experten der Fraktionen liefern. 150 Abgeordnete sind inzwischen der "Fraktion Mitmischen" beigetreten - und werden regelmäßig über Votingergebnisse und Neuigkeiten der Mitmischen-Community informiert. Außerdem betreiben fünf Abgeordnete bei "Mitmischen" einen persönlichen Blog. Ganz uneigennützig tun sie das übrigens nicht: Immer wieder werden Stimmen der jugendlichen Basis auch in den Ausschusssitzungen zitiert. Der Satz "Neulich sagte einer in meinem Blog..." ist alles andere als untrendy.