VON ANNETTE SACH
Jubiläen sind Momente zum Jubeln. Zieht ein Jubilar mit 60 Jahren persönliche Bilanz, erinnert er sich an Höhen und Tiefen, an Freude und Schmerzen. Israel feiert in diesen Wochen den 60. Jahrestag seiner Staatsgründung, der in diesem Jahr nach unserem Kalender auf den 8. Mai fällt. Dabei schaut das Land auf sechs bewegte Jahrzehnte zurück und kann trotz äußerer Bedrohung, Terrors und innerer Konflikte stolz sein, die einzige stabile parlamentarische Demokratie im Nahen Osten zu sein.
Diese Ausgabe möchte sich bei der Annäherung an das Thema Israel bewusst nicht nur auf das beschränken, was den scheinbar größten Nachrichtenwert besitzt: Kriege, Konflikte und Kontroversen. Im Gegenteil. Diese Themenausgabe möchte anregende, zu diskutierende Antworten auf die Frage finden, was dieses Land im Inneren bewegt, ausmacht und zusammenhält: Ein Staat, der verglichen mit anderen Staaten jung ist, aber auf jahrhundertealten Traditionen fußt. Ein Land, das geografisch betrachtet klein, aber weltpolitisch von umso größerer Bedeutung ist. Ein Gebiet, das in vielerlei Hinsicht fasziniert, aber wie kaum ein anderes Land Menschen und Meinungen polarisiert.
Neben der Darstellung der Wurzeln des Staates Israel sollen dabei die Betrachtung seiner politischen Kultur, seiner wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Errungenschaften dazu beitragen, das Land und seine Menschen einmal aus einer anderen, neuen Perspektive zu betrachten.
Das Thema des Nahost-Konflikts und die Frage des Zusammenlebens mit den Palästinensern kann und soll dabei nicht ausgeklammert werden, ist aber so vielschichtig, dass sie an anderer Stelle einer weitaus ausführlicheren eigenen Betrachtung bedarf.
Bei der Zusammenstellung der Themen und Autoren handelt es sich um eine Auswahl aus deutscher Sicht - einer Auswahl mit einer "deutschen Brille". Deutschland, das Land, das seit dem millionenfachen Mord an den europäischen Juden immer ein besonderes Verhältnis zu und eine besondere Verantwortung für Israel haben wird: "Diese historische Verantwortung Deutschlands ist Teil der Staatsräson meines Landes", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Rede vor der Knesset, dem israelischen Parlament, vor wenigen Wochen in Jerusalem. Mit dieser Ausgabe möchten wir einen journalistischen Beitrag zum Jubiläum leisten:
Wir haben unter anderem mit Politikern wie Hildegard Müller und Gert Weisskirchen, mit der Schriftstellerin Angelika Schrobsdorff und dem Dirigenten Daniel Barenboim gesprochen - über ihr Israel, auf das jeder von ihnen seinen ganz eigenen Blick hat.
In den "Sprüchen der Väter" findet sich von dem berühmten Rabban Schimon Ben-Gamliel das Wort: "Auf drei Dingen beruht die Welt: auf Recht, auf Wahrheit und auf Frieden." Was könnte man Israel Besseres wünschen, als dass dieser Wunsch in Erfüllung gehen möge:"Mazal tov" (Alles Gute) - für den Staat, für seine Menschen und deren Zukunft.