BAHNPRIVATISIERUNG
Der Beschluss der SPD-Spitze schafft eine neue Grundlage - aber bei weitem keine Einigkeit
Ist er es nun oder ist er es nicht - der SPD-Kompromiss die Rettung für die Bahnprivatisierung? Wenn man SPD-Chef Kurt Beck in der vergangenen Woche zugehört hat, konnte man den Eindruck gewinnen, die Teilprivatsierung sei nun doch gerettet. Dass es sich bisher lediglich um einen parteiinternen Kompromiss der Spitze der Sozialdemokraten handelt, den es noch in der Partei, dann in der Koalition und schließlich und entscheidend im Deutschen Bundestag zu beschließen gilt, ging dabei unter.
Mittlerweile hat sich auch gegen den sozialdemokratischen Teilprivatisierungskompromissversuch, demnach Personenverkehr, Güterverkehr und Logistiksparte der Bahn - wie beim bisher diskutierte Holdingmodell ausgegliedert - maximal zu 24,9 Prozent privatisiert werden sollen, neuer Protest formiert. Die Protest-"Fraktion" ist dabei partei-, fraktions- und verbandsübergreifend: Da sind Sozialdemokraten, die das Holdingmodell komplett ablehnen oder mindestens auf dem beim Hamburger SPD-Parteitag beschlossenen Sonderparteitag beharren, sollte die Privatisierung nicht über die so genannten "Volksaktien" erfolgen. Offen geäußert hat so lautende Kritik der Landesverband Berlin, ähnlich argumentieren weitere Landesverbände, aber auch Bundestagsabgeordnete. Harsche Kritik kommt auch von Klaus Lippold (CDU), Vorsitzender des für die Bahnprivatisierung zuständigen Verkehrsausschusses - aber aus genau gegenteiligem Grund. Geht einem Teil der Sozialdemokraten die Privatisierung zu weit, geht ihm der SPD-Vorschlag nicht weit genug. "Wir werden mit dem vorliegenden SPD-Modell die gesteckten Zielen nicht erreichen können", sagt Lippold. Die Begrenzung auf 24,9 Prozent müsse weg, sie verhindere, dass die Bahn in den Dax komme, was wiederum einen deutlich niedriegern Verkaufspreis bedinge, durch den dem Staat Milliarden entgingen.
Sein Fraktionskollege Dirk Fischer, verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, steht dem Vorschlag weniger kritsch gegenüber, befürwortet ihn sogar, er entspreche schließlich genau dem Holdingmodell, wie es die Union gefordert habe. "Ich habe kein Problem damit, mit 24,9 Prozent an den Kapitalmarkt zu gehen", sagt Fischer. Auch Hartmut Mehdorn habe nie von vornherein 49,9 Prozent der DB AG privatisieren wollen Die Privatisierung der Lufthansa sei auch ein "kontinuierlicher Prozess" gewesen - so könne es auch bei der Bahn gehen.
Für Otto Fricke (FDP), Vorsitzender des Haushaltsausschusses, ist der Kompromiss eine "Pseudo-Privatisierung", der für die Bundesregierung "erhebliche Probleme" bringen könnte. Im Haushalt 2008 sind nämlich 10,7 Milliarden Einnahmen aus Privatisierungen eingeplant - Telekom, Post und Bahn. Wenn nun der Privatisierungserlös bei der Bahn deutlich niedriger ausfällt als geplant und zusätzlich 1,2 Milliarden Euro für die Rettung der IKB aufgebracht werden müssen, sei die Bundesregierung an anderer Stelle in Einnahme-Zugzwang.
Sollten sich SPD und Unionsparteien am 28. April im Koalitionsausschuss tatsächlich auf einen Kompromiss zur Teilprivatisierung einigen, könnte das Thema noch vor der Sommerpause im Bundestag auf der Tagesordnung stehen.