Kosovo
In dieser Woche berät der Bundestag über die Verlängerung des KFOR-Mandates der Bundeswehr
Die deutschen Soldaten der Kosovo Force (KFOR) müssen sich darauf einrichten, mindestens ein weiteres Jahr in der Krisenregion zu verbringen. Die Mandatsverlängerung für die Teilnahme an der NATO-geführten Schutztruppe, die das Bundeskabinett voraussichtlich am Mittwoch verabschieden und der Bundestag am Donnerstag in erster Lesung beraten wird, gilt weitgehend als unstrittig. Lediglich die Linksfraktion lehnt eine Fortsetzung kategorisch ab.
Doch so unstrittig die Verlängerung des Einsatzes der rund 2.800 Bundeswehrsoldaten im Kosovo ist, so grundsätzlich hat sich die internationale Lage, in die das Mandat eingebettet ist, verändert. Denn die ehemalige serbische Provinz - sie wird seit dem Ende des Kosovo-Krieges 1999 durch die UNMIK (United Nations Interim Administration Mission in Kosovo) verwaltet - erklärte am 17. Februar einseitig ihre Unabhängigkeit. Ursprünglich war es das Ziel der Vereinten Nationen gewesen, zwischen Kosovo-Albanern und Serbien eine einvernehmliche Lösung über den zukünftigen Status des Kosovos auszuhandeln. In diesem Sinne regelte die UN-Resolution 1244 vom 10. Juni 1999 den Einsatz der zivilen UNMIK-Mission und des militärischen KFOR-Einsatzes.
Diese veränderte Lage nahm die Linksfraktion dann auch zum Anlass, den sofortigen Abzug der deutschen Truppen zu fordern. Begründung: Mit der Unabhängigkeitserklärung und der Entscheidung der Bundesregierung vom 20. Februar, den Kosovo als selbständigen Staat anzuerkennen, sei die UN-Resolution 1244 eindeutig verletzt worden, weil diese sich ausdrücklich zur territorialen Unversehrheit der Bundesrepublik Jugoslawien bekenne. "Damit ist zwar nicht die Resolution 1244 hinfällig geworden, wohl aber der Schutzauftrag, den die KFOR-Truppen unter UN-Mandat zu erfüllen haben", argumentierte Monika Knoche (Linke) am 24. April während der ersten Lesung des Antrages ihrer Fraktion ( 16/8779).
Bei allen anderen Bundestagfraktionen stößt die Forderung nach einem Ende der KFOR-Mission jedoch auf deutliche Ablehnung. Der Antrag der Linken sei "verantwortungslos", die Gefahr, dass die Konflikte zwischen den Kosovaren und der serbischen Minderheit erneut gewaltsam ausgetragen werden, zu groß. "Man würde sich mit einem solchen Vorgehen in die Nähe von Konflikttreiberei begeben", schimpfte der Unionsabgeordnete Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg. Und so sprach sich denn auch der Auswärtige Ausschuss am 7. Mai in seiner Beschlussempfehlung ( 16/9151) mehrheitlich dafür aus, den Antrag abzulehnen. Auch aus dem mitberatenden Verteidigungsausschuss, dessen Mitglieder sich Anfang April während eines Kosovobesuchs ein Bild von der Lage vor Ort machen konnten, kam ein deutliches Nein zu der Abzugsforderung.
Ein Ende der KFOR-Mission ist auf absehbare Zeit nicht in Sicht. Auch wenn die Sicherheitslage im Kosovo derzeit "ruhig" ist, wie es ein Sprecher des Einsatzführungskommmados der Bundeswehr in Potsdam Ende vergangener Woche ausdrückte: "Das kann sich jeden Tag ändern." So war es im Norden des Kosovos nach der Unabhängigkeitserklärung zu teilweise gewalttätigen Ausschreitungen der serbischen Minderheit gegenüber der KFOR gekommen.
Dass die völkerrechtliche Grundlage für die NATO-geführte KFOR-Mission auf zumindest "dünnem Eis" steht, wie es Jürgen Trittin (Grüne) bezeichnete, lassen auch Vertreter der Regierungskoalition durchblicken. Formal kann die UN-Resolution 1244 nur durch eine neue Resolution des Sicherheitsrates außer Kraft gesetzt werden - doch dagegen sperrt sich Russland, das die Unabhängigkeit des Kosovos nicht anerkennt, mit seinem Veto.
Eine neue Resolution wäre allerdings dringend nötig, damit die UNMIK wie geplant durch die Polizei- und Justizmission der Europäischen Union (EULEX) abgelöst werden kann. Die EU will bis zu 2.000 Polizisten, Justiz- und Zollbeamte in den Kosovo entsenden, um dort eine zivile Verwaltung aufzubauen. Doch die meisten Entsendestaaten warten nun auf eine entsprechende "Einladung" durch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Und so befindet sich die EULEX "in Wartestellung", wie der französische Leiter der Mission, Yves de Kermabon, am 16. Mai gegenüber der Presseagentur AFP erklärte.
Kompliziert wird die festgefahrene Situation durch die Tatsache, dass die neue Verfassung des Kosovos die weitere Präsenz internationaler ziviler Vertreter sowie der KFOR vorsieht. Die Verfassung soll nach dem Willen der kosovarischen Regierung in Pristina am 15. Juni in Kraft treten. Regierungschef Hashim Thaci drängt UNO und EU deshalb, die rasche Umstruktierung der internationalen zivilen Verwaltung vor diesem Termin zu klären.