Zusatzversicherungen
Verbraucherschützer raten zum Blick ins Kleingedruckte
Es ist ein Szenario, das fast alle Menschen fürchten: pflegebedürftig, aber nicht in der Lage zu sein, die dadurch entstehenden Kosten bezahlen zu können. Ganz unrealistisch ist diese Furcht nicht, denn während die gesetzliche Pflegeversicherung in der höchsten Pflegestufe maximal 1.470 Euro (in Härtefällen 1.750 Euro) zahlt, schlagen Heimplätze mit durchschnittlich etwa 3.000 Euro zu Buche.
Das haben auch die Versicherungsunternehmen erkannt und in den vergangenen Jahren diverse Angebote für private Zusatzversicherungen aufgelegt. Mehrere 100 Tarife, die im Fall von Pflegebedürftigkeit die Lücke zwischen den Leistungen der gesetzlichen Versicherung und den tatsächlichen Kosten ausfüllen sollen, stehen zur Auswahl. Auch wenn Verbraucherschützer und Versicherungsexperten grundsätzlich empfehlen, sich möglichst frühzeitig Gedanken um die Absicherung im Pflegefall zu machen, raten sie zur Vorsicht. Bianca Boss vom Bund der Versicherten hält die private Pflege-Zusatzversicherung für "grundsätzlich sinnvoll". Sie habe aber gerade in jungen Jahren nicht dieselbe Priorität wie eine Berufsunfähigkeits-, Haftpflicht- oder Lebensversicherung und sollte erst in Angriff genommen werden, wenn diese existenziellen Versicherungen abgeschlossen sind und dann noch Geld zur Verfügung steht.
Auch Dieter Lang vom Bundesverband der Verbraucherzentralen rät dazu, sich genau zu überlegen, ob eine Zusatzversicherung nötig ist. "Wer vermögend ist oder ein Eigenheim besitzt, das veräußert werden kann, braucht das nicht unbedingt", sagt er. Wer aber die Pflegekosten nicht zahlen kann und seine Angehörigen davor bewahren will, zur Kasse gebeten zu werden, oder nicht möchte, dass das Sozialamt für einen Teil der Kosten aufkommt, könne davon profitieren.
Dann stehen drei Modell zur Auswahl: Die Pflegerenten-Versicherung, die Pflegekostenversicherung und die Pflegetagegeld-Versicherung. Von der Pflegerenten-Versicherung rät Bianca Boss eher ab: "Hier wird die Pflegeversicherung meist mit einem Sparvertrag kombiniert, für den die Rendite eher schlecht ist." Für günstiger hält die Expertin den Abschluss einer Pflegekosten- oder einer Pflegetagegeld-Versicherung. Während erstere die tatsächlichen Kosten der Pflege bis zu einem bestimmten Höchstbetrag übernimmt, erhalten Versicherte bei letzterer ein bestimmtes Pflegetagegeld, das sie nach Wunsch verwenden können. "Davon kann man auch den Nachbarsjungen bezahlen, der einen zum Einkaufen fährt. Hat man eine Versicherung, die nur die tatsächlichen, auf einer Rechnung ausgewiesenen Pflegekosten deckt, ist das nicht möglich", erläutert Boss.
Auch die Stiftung Warentest hält das Pflege-tagegeld für die flexibelste Variante der privaten Zusatzversicherung. Doch auch hier gebe es mögliche Fallstricke, so Sabine Baierl von der Stiftung. "Bei diesen Versicherungen einigt man sich auf einen bestimmten Pflegegeldbetrag. Der wird aber erst zu 100 Prozent ausgezahlt, wenn die Versicherten in Pflegestufe III kommen", betont die Expertin. Und das gilt für die meisten Pflegebedürftigen nicht: Nur 13 Prozent von ihnen erreichen die höchste Pflegestufe, in der die Patienten "schwerst pflegebedürftig" sind und rund um die Uhr Hilfe brauchen. Die meisten Pflegedürftigen (51 Prozent) haben Pflegestufe I und brauchen mindestens 45 Minuten täglich Hilfe. 35 Prozent der Pflegebedürftigen haben Stufe II. Verhandelbar ist diese Einordnung nicht: Sie wird vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen vorgenommen und gilt auch für die privaten Zusatzversicherer.
Deren Bedingungen sind allerdings unterschiedlich. "Es gibt Versicherer, bei denen bekommt man in Pflegestufe I noch 25 Prozent des vereinbarten Tagegeldes, andere zahlen dagegen überhaupt erst in Stufe III", so Baierl. Deshalb sei ein Blick ins Kleingedruckte unerlässlich - das, so Christiane Schiller von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen, sei "eine ziemliche Herausforderung für die Verbraucher".
Da die privaten Pflegeversicherungen erst neu auf dem Markt seien, könne man noch nicht mit Sicherheit sagen, welche Anbieter seriös seien. "Wenn Sie eine Haftpflichtversicherung abschließen wollen, bieten ihnen alle Versicherungen im Grunde dasselbe. Bei den Pflegezusatzversicherungen ist das aber ganz unterschiedlich", erläutert Christiane Schiller.
Die Autorin ist freie Journalistin in Dresden.