AUSBILDUNG
Verbände wollen mit veränderten Konzepten Fachkräftemangel begegnen
Die Evangelische Fachhochschule Berlin macht es vor. Die Einrichtung für Sozialarbeit und Sozialpädagogik bietet seit dem Wintersemester 2004/2005 einen Studiengang mit dem Namen "Bachelor of Nursing" an. In acht Semestern lernen die Studierenden die sozial- und naturwissenschaftlichen Grundlagen der Pflege kennen, erhalten Wissen über Gesundheits- und Arzneimittelrecht und üben sich in Qualitätsmanagement und -sicherung. In den ersten sechs Semestern durchlaufen sie parallel eine Ausbildung bei einem der acht Kooperationspartner der Fachhochschule, zum Beispiel in der Charité Berlin. Am Ende haben die Absolventen zwei Abschlüsse in der Tasche - einen der beruflichen und einen der akademischen Ausbildung.
Inzwischen gibt es viele Studiengänge, die sich vor allem mit Pflegemanagement und -pädagogik befassen. Doch es gibt eben auch Versuche, eine pflegerische Berufsausbildung mit einer wissenschaftlichen Qualifikation zu kombinieren. "Wir fordern für einen Teil der Pflegekräfte eine Akademisierung der Ausbildung", sagt Franz Wagner, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK). Seit Jahren schon pocht sein Verband darauf, dass die Anforderungen an die Ausbildung von Pflegeberufe angehoben werden. In einigen Bundesländern gibt es inzwischen entsprechende Initiativen, wie eben an der Fachhochschule in Berlin. Nicht jeder werde einen Hochschulabschluss brauchen, betont Wagner. "Aber vor allem in der Beratung, im hochakuten Bereich wie der Aufnahme oder in der Psychiatrie wäre mehr theoretisches Wissen von Vorteil." Dabei gehe es weniger um die Pflege als solche. "Durch die längeren Lebenszeiten und viele chronisch Kranke haben wir sehr komplexe Versorgungssituationen, die kompetente Beratung erfordern", so Wagner. Da ein Arzt diese Beratung nicht leisten könne, müsse eine Fachkraft hinzugezogen werden, die von Fall zu Fall mitentscheide, wie der Patient sein Leben organisieren kann. Der Deutsche Bildungsrat für Pflegeberufe, dem neben dem DBfK die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schwesternverbände und Pflegeorganisationen und der Bundesausschuss der Lehrerinnen und Lehrer für Pflegeberufe angehören, legte 2006 ein Konzept zur Reform der Pflegeausbildung vor. Auch darin wird die Notwendigkeit betont, Lebenssituationen einschätzen und den Beratungsbedarf festlegen zu können. Zwei Ausbildungswege, einer über die normale berufliche Ausbildung und einer über die Hochschule, werden angestrebt. Absolventen einer dualen Berufsausbildung sollen danach die Hochschule besuchen dürfen. Doch auch nach der Erstausbildung sollen die Pfleger und Pflegeberater weiterlernen, sei es über Fortbildungsmodule oder einen Masterstudiengang und eine Promotion.
An der Evangelischen Fachhochschule Berlin hat inzwischen der vierte Jahrgang sein Studium aufgenommen. Seine Absolventen können später in vielen Bereichen arbeiten: in stationären Einrichtungen, in der Palliativpflege, in der Beratung oder in der Qualitätsentwicklung. Krankenschwestern und Altenpflegerinnen wird es weiterhin geben; aber die alternde Gesellschaft ruft auch nach neuen Lösungen.
Die Autorin ist Volontärin der Wochenzeitung "Das Parlament".