Frankreich
Präsident Sarkozys Pläne gegen Alzheimer
Es war ein unvergesslicher Moment: ihr Hochzeitstag. Doch in der Erinnerung der Braut springen nach dem romantischen Kuss plötzlich dunkel maskierte Männer durchs Fenster und nehmen ihren Ehemann mit - Schnitt: Eine alte Dame sitzt auf einer Bank und aus dem Off mahnt eine Stimme: "Jedes Jahr greift Alzheimer mehr als 250.000 Franzosen an." Bereits seit vergangenem Jahr läuft dieser Werbespot im französischen Fernsehen.
Die Szene hat in der Realität nie stattgefunden, spiegelt aber den Alltag Hundertausender Alzheimerkranker: verzerrte Erinnerungen, Gedächtnis- und Orientierungsprobleme ebenso wie Störungen des Urteils- und Denkvermögens bestimmen ihr Leben. Bereits heute sind in Frankreich mehr als 860.000 Menschen von der Krankheit betroffen, Tendenz steigend. Bis 2040 könnten es, so ein Bericht des französischen Parlaments aus dem Jahr 2005, bereits mehr als 2,1 Millionen Alzheimerkranke sein. Dem "unsichtbaren Feind im Kopf" hat Präsident Nicolas Sarkozy den Kampf angesagt: Nachdem die Regierung die Alzheimerkrankheit schon 2007 in einer breit angelegten Kampagne zur "großen nationalen Aufgabe" erklärt hatte, präsentierte Sarkozy im Februar dieses Jahres in Nizza seinen "Plan Alzheimer 2008-2012".
"Die Zeit des Handelns ist gekommen", erklärte der Präsident in gewohnt pathetischer Weise. In den kommenden fünf Jahren sollen für zehn so genannte Leuchtturmprojekte eigentlich insgesamt 1,6 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Finanziert werden sollen die 44 Einzelmaßnahmen aber nicht von der bereits stark defizitären französischen Krankenversicherung, sondern unter anderem durch eine Sonderabgabe von 50 Cent auf jedes Rezept. 200 Millionen Euro will der franzöische Staat zuschießen. Dass genau dieses Geld aber auch für den Kampf gegen Aids und Krebs verwendet werden soll, erwähnt Sarkozy lieber nicht.
Finanziert werden sollen aus diesen Mitteln neben einer besseren Zusammenarbeit der Forschungseinrichtungen vor allem spezielle Pflegeeinrichtungen für Alzheimerkranke. Bereits jetzt gibt es in Frankreich konkrete Hilfsangebote wie eine nationale Beratungstelefonnummer oder einen Alzheimerpass. Er wird vom Arzt ausgefüllt und soll helfen, verwirrten und desorientierten Patienten bei Bedarf schnelle Hilfe leisten zu können.
Dominique Beauchand weiß, wie wichtig diese Angebote für die betroffenen und ihre Familien sind. Auch sie setzt große Hoffnung in die Initiative der Regierung: "Der Plan stellt den Patienten in den Mittelpunkt", erklärt die Vizepräsidentin von France Alzheimer, der größten nationalen Hilfsorganisation für betroffene Familien. Bedenken hat sie vor allem bei der Finanzierung: "Wir sind vorsichtig, was die Aufteilung der versprochenen 1,6 Milliarden Euro angeht", sagt sie. Hilfreich könnte sein, dass Sarkozy den Kampf gegen Alzheimer auch auf die Agenda der französischen EU-Ratspräsidentschaft gesetzt hat. Ende Oktober wird dazu in Paris eine europäische Alzheimerkonferenz veranstaltet. Und dabei, hofft Beauchand, möchte Sarkozy sicher ein werbeträchtiges Zeichen setzen.