INNERES
Schäuble will alles für die Sicherheit tun. Opposition sieht neues Anti-Terror-Gesetz als verfassungswidrig an
Für die Opposition ist das neue BKA-Gesetz schlichtweg überflüssig. Die Regierungskoalition wiederum hält die Möglichkeit von Online-Durchsuchungen und Rasterfahndungen für unverzichtbar im Kampf gegen den Terrorismus. In der Debatte des Bundestages über den Etat von Innenminister Wolfgang Schäuble prallten die unterschiedlichen Positionen wieder aufeinander.
Ursache des Streits ist die Föderalismusreform I. Dadurch erhielt der Bund mehr Kompetenzen im Kampf gegen den Terrorismus, die vom Bundeskriminalamt (BKA) auch genutzt werden sollen. Daher hat die Regierung den Entwurf des so genannten BKA-Gesetzes ( 16/9588) auf den Weg gebracht. Schäuble sagte in der Debatte: "Wir müssen die Bedrohung ernst nehmen." Laut Europol seien allein im vergangenen Jahr über 200 islamistische Terrorverdächtige in Europa verhaftet worden. Man müsse alles tun, um die Sicherheit der Bürger und das Funktionieren der freiheitlichen Ordnung auch in Zukunft zu gewährleisten.
Von der Opposition gab es massive Kritik an dem Entwurf. "Dieses Gesetz ist nicht erforderlich, handwerklich schlecht gemacht und in vielen Bestimmungen verfassungswidrig", sagte der FDP-Innenexperte Max Stadler. Er forderte die Regierung auf, den Entwurf zurückzuziehen. Stadlers Kollegin Gisela Piltz sagte, am Ende des Haushaltsjahres werde weniger Geld für das BKA bleiben als jedes Jahr zuvor. Eine Verbesserung der Sicherheit für die Bürger sehe anders aus. Der Innenexperte der Grünen, Wolfgang Wieland, warf der Regierung vor, mit dem BKA-Gesetz ein deutsches FBI mit geheimdienstlichen Befugnissen schaffen zu wollen. Die Innenexpertin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, sagte, Schäuble sei für den Abbau von Grundrechten mitverantwortlich: "Die Freiheit stirbt auch durch immer mehr Sicherheit."
Unterstützung erhielt Schäuble vom SPD-Fraktionsvize Fritz Rudolf Körper. Er forderte mehr Kompetenzen für das BKA, die angesichts der terroristischen Bedrohung dringend geboten seien. Der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl brachte mit Angriffen auf die Grünen Schärfe in die Debatte. Uhl sagte, wenn der Grünen-Abgeordnete Wieland keine Zusammenarbeit wolle, dann mache er sich zum "Schutzpatron des Terrorismus".
Schäuble brachte noch einen anderen Aspekt in die Debatte ein. Der Innenminister sprach sich für größere Anstrengungen beim Datenschutz aus: "Wir müssen dafür sorgen, dass die Grundrechte auf Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung auch im nichtöffentlichen Bereich durch leistungsfähige Verwaltungen gewährleistet werden." Schäuble kündigte an, dass die Bundesregierung einen Gesetzentwurf einbringen werde, wonach die Nutzung und Übermittlung persönlicher Daten nur mit ausdrücklicher Billigung des Betroffenen möglich sei. Er werbe dafür, "dass wir auf diesem Weg vorangehen". Nur ein leistungsfähiger und funktionierender Rechtsstaat sei in der Lage, den Datenschutz zu gewährleisten.
Körper (SPD) gab zu, dass der Datenschutz in der Vergangenheit nicht unbedingt an vorderster Stelle der Debatten gestanden habe. "Das ist doch keine Schande. Das kann man doch zugeben", sagte Körper, der aber forderte, dass jetzt aufgrund der Datenschutzskandale der letzten Wochen Schlussfolgerungen gezogen werden müssten. An die Adresse der Grünen gewandt, sagte Körper, diese hätten in der Vergangenheit nur ein Interesse beim Datenschutz gehabt: "Dass der Datenschutzbeauftragte aus ihren Reihen besetzt wurde."
Die Grünen wiederum wunderten sich über Schäubles Ausführungen zum Datenschutz. "Über Spätbekehrte freut man sich immer ganz besonders", so Wieland. Er erinnerte daran, dass die Grünen seit Jahren nach Verbesserungen am Datenschutzgesetz, das noch aus der "Karteikartenzeit" stamme, gerufen hätten. "Hätte es diesen Flächenbrand nicht gegeben, hätten Sie das Thema verschlafen", warf Wieland der Koalition vor. Solange jedoch der Staat der größte Datenstaubsauger sei, könne er gegenüber dere Wirtschaft nicht glaubwürdig sein. Die Koalition sei der "größte Datendealer".
Schäubles Etat soll im kommenden Jahr um 10,6 Prozent auf 5,99 Milliarden Euro steigen. Der Innenminister wies jedoch darauf hin, dass etwa die Hälfte des Zuwachses in Höhe von 532,67 Millionen Euro für höhere Personalkosten ausgegeben werden müsse. Die Personalkosten sollen 2009 rund 2,78 Milliarden Euro ausmachen. Das Bundeskriminalamt, das mit dem BKA-Gesetz neue Aufgaben erhalten soll, bekommt im nächsten Jahr mehr Geld. Die Ausgaben sollen von 361,91 Millionen Euro auf 386,42 Millionen steigen. Ulla Jelpke (Die Linke) kritisierte die Steigerungen. Diese Angriffe auf Grundrechte würden von der Linksfraktion entschieden abgelehnt Die Bundespolizei bekommt mit 2,4 Milliarden Euro mehr Geld als im laufenden Jahr (2,18 Milliarden Euro).
Das Bundesamt für Verfassungsschutz kann ebenfalls erheblich mehr Geld ausgeben. Die Ausgaben, die im Etat nicht detailliert ausgewiesen werden, steigen von 163,21 Millionen auf 181,8 Millionen Euro. Verhältnismäßig bescheiden nehmen sich dagegen die Ausgaben für das Amt des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit aus. Die Ausgaben bleiben mit 4,53 Millionen Euro (2008: 4,51 Millionen Euro) fast unverändert.
Die von Schäuble als besonders vorbildlich gelobte Arbeit des Technischen Hilfswerks (THW) lässt sich die Regierung im kommenden Jahr erheblich mehr kosten. Die Ausgaben steigen von 135,15 auf 174,41 Millionen Euro. Für den Katastrophenschutz stehen 103,36 Millionen zur Verfügung.