LANDTAGSWAHL IN BAYERN
Das CSU-Tandem Huber und Beckstein spürt starken Gegenwind
Hochspannung vor der Wahl: Die seit über 50 Jahren in Bayern regierende CSU muss am 28. September um ihre absolute Mehrheit bangen. Die sie genussvoll jagende Opposition sieht eine reelle Chance, die scheinbar Unbesiegbare endlich in die Knie zu zwingen. Neben CSU, SPD und Grünen deuten die Umfragen darauf hin, dass nach 14 Jahren auch die FDP wieder ins Parlament einziehen wird. Dies könnten zum ersten Mal auch die Freien Wähler schaffen.
Nach den letzten von ARD und ZDF veröffentlichten Umfragen kommt die CSU auf 47 Prozent Die SPD liegt zwischen 20 und 21 Prozent. Die FDP und die Grünen haben zwischen 8 und 9 Prozent, die Freien Wähler zwischen 7 und 8 Prozent. Mit 4 Prozent wäre die Linkspartei nicht im Landtag.
Nicht zuletzt der spektakuläre Führungswechsel bei der SPD verspricht Auswirkungen auf Bayern. SPD-Spitzenkandidat Franz Maget verspürt "neuen Rückenwind" und hält sein Wahlziel von 25 plus x nun "mehr denn je erreichbar" (Wahl 2003: 19,6).
Unterdessen plagt die CSU ein Luxus-Problem: Während andere Parteien nur um ein bisschen Mehrheit kämpfen, muss sie unbedingt ihre traditionellen "50 plus x" halten, um ihre europaweit einzigartige Sonderstellung mit besonderem Einfluss in Berlin und Brüssel nicht zu verlieren. Die Ausgangslage ist schwieriger als sonst: Immer noch laborieren Getreue am Stoiber-Abschiedsschmerz. Im neuen Spitzen-Tandem Parteichef Erwin Huber und Ministerpräsident Günther Beckstein haben sie noch wenig Strahlkraft entdecken können. Dazu die Milliardenverluste der BayernLB und Ärger über die Folgen von Stoibers vorausgegangenem rigorosen Sparkurs: zu große Schulklassen, zu wenig Lehrer, heruntergekommene Bauten und überfüllte Universitäten. Dass die CSU auf diesen Feldern inzwischen nachbessert und teure Zukunftsprogramme auf den Weg gebracht hat, ist noch nicht bei allen angekommen.
Als wuchtiges Feindbild zur Mobilisierung der eigenen Klientel dienen der CSU - dank Ypsilanti - die Linken mit ihren Sozialisten und Kommunisten. Gegen die werde die CSU notfalls einen "politischen Kreuzzug" führen, kündigten Huber und seine Generlin Christine Haderthauer an. Außerdem unterstellten sie dem empörten Maget, auch er und seine Genossen würden gegebenenfalls jedes gegebene Wort brechen, um mit Hilfe der Linken an die Macht zu kommen. Die Linken bedankten sich flugs für die Wahlkampfhilfe. Maget sprach von Panikattacken der CSU.
Der SPD-Spitzenkandidat wirft der CSU Arroganz und Hochmut vor: "Die tun so, als hätten sie den Chiemsee persönlich ausgehoben und damit die Alpen aufgeschüttet." Die CSU müsse "endlich einen auf den Deckel kriegen und zwar saftig". Maget will Ministerpräsident werden, und zwar mit Hilfe einer Viererkoalition gegen die CSU. Die FDP winkt aber ab. Wenigstens räumlich ist Maget seinem Ziel schon zum Greifen nahegekommen: Die Staatskanzlei dekorativ als Foto-Hintergrund, stellte er im Münchner Hofgarten ein Programm für die ersten 100 Tage seiner Machtübernahme vor.
"Wir retten die Glet-scher und schmelzen die CSU ab", verkündet der Grünen-Spitzenkandidat Sepp Daxenberger, Biobauer und lange Bürgermeister von Waging am See. Er genießt auch im bürgerlichen Lager Sympathien. Dort bremsten sich die Grünen aber mit einem Parteitagsbeschluss zur Entfernung religiöser Symbole aus den Schulen, also auch des Kreuzes, teilweise wieder selbst aus. Die Freien Wähler wiederum bieten sich frustrierten CSU-Anhängern als Alternative an. Spitzenkandidat Hubert Aiwanger, der drastisch und im Stakkato formulieren kann, ist Zugpferd im Bierzelt.
Als schmückendes Beiwerk steht neben ihm die konvertierte Stoiber-Rebellin Gabriele Pauli, Direktkandidatin in Becksteins Nürnberger Stimmkreis.
Aufwind verspürt nicht zuletzt die FDP mit Spitzenkandidat Martin Zeil. Der will sich nicht von einem etwaigen "bunten Phanta-siebündnis" unter Magets Führung verein-nahmen lassen. Er attackiert zwar die CSU ("Die können es nicht"), erklärt sich jedoch indirekt bereit, sie als Regierungspartner wieder auf den rechten Weg zu führen. Sollte die CSU ihre 50 plus x deutlich verspielen, dürfte dies die derzeitige Führungsspitze kaum überleben. Schon macht der Spruch von der "Nacht der langen Messer" die Runde. Ein Wechsel könnte vor allem Horst Seehofer ans Ziel seiner politischen Wünsche führen - Gedanken, die der bishe-rige Partei-Vize natürlich ganz entschieden zurückweist. Gleichzeitig aber legte er die Messlatte in schwindelnde Höhen: 52,x Pro-zent halte er für möglich, dann habe Beck-stein eine "eigene Legitimation" und die Führung Beckstein/Huber sei vom Wähler bestätigt.