INNERES
Abgeordnete erwarten Totalzusammenbruch der Infrastruktur nach Stromausfall
Deutschland 14 Tage ohne Strom. Was wäre dann? Vier Bundestagsabgeordnete aus vier Fraktionen und eine Reihe von Experten haben eine interfraktionelle Initiative gebildet und versucht, Lücken in der öffentlichen Sicherheit aufzudecken. Das "Viererbündnis" kommt zu einem erschreckenden Fazit: Danach gibt es eine neue Verletzlichkeit der modernen Gesellschaft. Risiken könnten zu "chaotischen Krisenlagen" führen, wie sie früher nur im Kriegsfall vorstellbar waren.
Die Abgeordneten Ralf Göbel (CDU), Gerold Reichenbach (SPD), Hartfrid Wolff (FDP) und Silke Stokar von Neuforn (Bündnis 90/Die Grünen) hatten im Februar 2007 das "Zukunftsforum Öffentliche Sicherheit" gegründet, um über neue Risiken für Deutschland in Friedenszeiten ("Risiko 2.0") nachzudenken. Abgeordnete und Experten gehen davon aus, "dass sich existenzgefährdende, nationale Notlagen aus dem Zusammenwirken mehrerer Negativereignisse ergeben können".
In dem von dem "Viererbündnis" herausgegebenen "Grünbuch" werden mehrere Szenarien durchgespielt. Eines davon ist ein tagelanger Stromausfall. Ursachen könnten Unwetter, aber auch Terroranschläge sein. "In der Folge werden nicht nur Telefon, Internet, Heizung oder Kühlung ausfallen, sondern auch die Versorgung der Menschen mit Trinkwasser, Lebensmitteln oder Bargeld. Weil niemand mit einem solchen Stromausfall rechnet, sind weder Staat noch Wirtschaft noch Bevölkerung wirklich darauf vorbereitet", so die Abgeordneten. Die Eintrittswahrscheinlichkeit sei jedoch hoch und würde zu einer "nationalen Katastrophe" führen, weil die Selbsthilfefährigkeit der Bevölkerung kaum ausgeprägt sei.
Das zweite Szenario: Ein Sommerhochwasser führt zu einer explosionsartigen Verbreitung der ursprünglich aus Ostafrika stammenden Tigermücke in Deutschland. Sie überträgt ein Virus, das zum schweren, aber selten tödlichen Chikungunya-Fieber führt. Hunderttausende Erkrankte müssen mehrere Wochen das Bett hüten. Ergebnis laut Grünbuch: "Das Gesundheitswesen wäre völlig überfordert." Eine solche Krise könnte nicht einmal ansatzweise bewältigt werden. Als Ursachen sieht das Grünbuch unter anderem den Abbau von Kapazitäten im Gesundheitswesen durch den Kostendruck und die zunehmende Privatisierung an. Die Linksfraktion bezeichnete das Grünbuch als "reine Augenwischerei".