Wenn es ernst wird, brilliert das Parlament. Auch der größte Politikverächter wird am 25. September nicht mehr verdrossen an belangloses Parteiengezänk gedacht haben: Er erlebte eine Sternstunde des Bundestages.
Die Bewältigung einer jeden Krise beginnt damit, dass man sie nicht länger beschönigt. Es war darum am vergangenen Donnerstag höchste Zeit, dass Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) vom Weiße-Salbe-Vokabular umgeschaltet hat auf Klartext: Wir erleben gerade einen schwarzen September vom Kaliber der Großen Depression 1929. Das Weltfinanzsystem wird sich nicht einfach in ein paar Monaten wieder erholen, sondern nach der Krise völlig anders aussehen als heute. Bis dahin, und das kann lange dauern, wird in Deutschland die Konjunktur schwächeln, und es werden auch hierzulande Arbeitsplätze verloren gehen.
Mit der ehrlichen Analyse der Lage war die Voraussetzung geschaffen, dass die Bundestagsdebatte ein der Schwere der Krise angemessenes Niveau erreichte. Oppositionsredner Hermann Otto Solms (FDP) wagte ein Lob der Regierung für ihr Krisenmanagement, um erst dann daran zu mahnen, dass bei den Landesbanken die Sanierung überfällig ist. Linksparteichef Oskar Lafontaine zwang die nachfolgenden Redner, sich nicht nur mit der naiven Marktgläubigkeit der US-Regierung, sondern auch mit den Gefahren der neulinken blinden Staatsgläubigkeit auseinanderzusetzen.
Die Qualität der Debatte sollte uns mitten in der Krise eher beruhigen als Steinbrücks zuletzt doch arg aufgesetzt wirkender Zweckoptimismus. Deutschland, die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt, darf es sich im Angesicht reihenweise scheiternder Banken in den USA nicht länger leisten, die Finanzmarktkrise wie bisher nur national zu betrachten.