TELEKOMMUNIKATION
EU-Netzagentur kleiner als geplant
Ungewöhnliche Harmonie herrschte am 24. September in Brüssel, nachdem das Europaparlament (EP) über eine umfassende Novelle der Telekommunikationsgesetze abgestimmt hatte. "Das Abstimmungsergebnis ist eine gute Nachricht für die europäischen Verbraucher", sagte die zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding. Der Verband öffentlich-rechtlicher Medien(EBU) zeigte sich ebenfalls zufrieden. "Die Parlamentarier haben zwar die Bedeutung abgestimmter EU-Politik betont, aber auch das öffentliche Interesse, wie zum Beispiel kulturelle Vielfalt und Medienpluralismus nicht aus den Augen verloren", lobte der Verband die Entscheidung in einer Stellungnahme.
Diese Übereinstimmung zwischen EBU und EU-Kommission ist schon deshalb überraschend, weil beide für entgegengesetzte Positionen stehen: Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten möchten ihr Frequenzspektrum auch dann behalten, wenn durch neue Übertragungstechniken Kapazitäten frei werden, die sogenannte "digitale Dividende." Die EU-Kommission möchte diese durch neue digitale Sendetechnik freiwerdenden Frequenzen am liebsten von einer europäischen Behörde neu verteilen lassen. Die Frage der Vergabe von Frequenzen soll auf einem Gipfel der Staats- und Regierungschefs 2010 geklärt werden.
Das EU-Parlament wich diesem Konflikt aus, indem es den Entwurf der Kommission an vielen Stellen abschwächte und den Mitgliedsstaaten das letzte Wort überlässt. "Der Streit um die künftige Nutzung der Frequenzen zwischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und privaten Anbietern geht so tief, dass sich derzeit kein Kompromiss abzeichnet", stellt die sozialdemokratische EU-Abgeordnete Erika Mann nüchtern fest. Der Ärger werde sich bald von selbst erledigt haben, weil durch die neue Technik Frequenzen frei würden, die dann keiner mehr brauche.
Das EP stufte die von der EU-Kommission befürwortete Europäische Netzagentur, die mit ursprünglich 120 Mitarbeitern vorgesehen war, zu einem kleinen Sekretariat mit weniger als 40 Stellen herunter. Sie soll vor allem beratend tätig werden. Das letzte Wort behalten danach die nationalen Regulierungsbehörden, in Deutschland die Bundesnetzagentur.