FINANZKRISE
Unterstützungsmaßnahmen sollen nicht zulasten anderer Staaten gehen
Die EU wird bei der Bewältigung der Finanzkrise eine wichtige Rolle spielen. Nach den Ländern der Eurozone verständigten sich am 15. und 16. Oktober auch die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedstaaten auf eine gemeinsame Linie. Die Aufgaben werden auf drei Akteure verteilt: Die Regierungen stützen die Banken mit Bürgschaften und frischem Kapital, die Europäische Zentralbank sorgt für Liquidität und die EU-Kommission kümmert sich darum, dass die Maßnahmen aller Akteure aufeinander abgestimmt sind.
Auf europäischer Ebene müssen dabei gleich zwei Aufgaben gelöst werden. In akuten Notlagen dürfen die Regierungen keine Maßnahmen zulasten anderer Mitgliedsstaaten ergreifen und die EU muss sich mit der Frage befassen, welche Konsequenzen langfristig aus der jüngsten Entwicklung an den Kapitalmärkten gezogen werden.
Bei der Prüfung nationaler Maßnahmen müsse "schnell und flexibel" gehandelt werden, heißt es in den Gipfelbeschlüssen. Gemeint sind damit in erster Linie die Beihilfenkontrolle und der Stabilitätspakt. Die Kommission soll auch in der Krise darauf achten, dass sich niemand Vorteile im Wettbewerb verschafft. Für Banken, die grundsätzlich solide finanziert sind, soll sie Beihilfen schnell und unbürokratisch durchwinken, was in den letzten Wochen bereits geschehen ist.
Ähnlich wird die Kommission mit den Regeln des Stabilitätspaktes verfahren, der grundsätzlich gültig bleibt. Der Pakt sei flexibel genug, um "außergewöhnlichen wirtschaftlichen Umständen" Rechnung zu tragen, sagte EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso nach dem EU-Gipfel. Die Obergrenze von drei Prozent für das Staatsdefizit bleibt zwar in Kraft. Es solle aber toleriert werden, wenn ein Land diese Grenze leicht überschreitet, etwa weil der Staat etwas für seine Banken tun muss.
Die EU soll sich außerdem um die langfristigen Probleme kümmern. Bereits Anfang Oktober hatte sie eine Richtlinie zur Stärkung des Eigenkapitals der Banken vorgelegt. Vergangene Woche schlug die EU vor, die Einlagensicherung für Privatkonten auf 50.000 Euro anzuheben. Vorschläge zur Verbesserung der Banken- und Versicherungsaufsicht liegen schon länger auf dem Tisch des Ministerrates und dürften jetzt größere Realisierungschancen haben.
Im Eilverfahren wurde den europäischen Banken in der vergangenen Woche gestattet, bestimmte Wertpapiere in ihren Bilanzen nicht zum Marktwert, sondern zum Substanzwert anzusetzen. Damit soll vermieden werden, dass Kreditinstitute, die wirtschaftlich gesund sind, auf dem Papier in Konkurs gehen. Auch eine Richtlinie zur Regulierung der Rating-Agenturen ist geplant. Eine Expertenkommission soll mit der Untersuchung der Krise beauftragt werden - ihr Bericht wird aber nicht vor dem nächsten Frühjahr erwartet.