Es ist nicht nur der designierte CSU-Chef Horst Seehofer, der in Sachen Erbschaftsteuer in der Großen Koalition plötzlich "klare Kante" zeigt, um in Bayern Stärke zu demonstrieren und sich selbst ein möglichst gutes Ergebnis auf dem Parteitag am 25. Oktober und bei der nachfolgenden Wahl zum Ministerpräsidenten zu sichern. Das Klima im Regierungsbündnis insgesamt hat sich nachhaltig verändert, was aber durch die Weltfinanzkrise und das Bankenrettungspaket der Bundesregierung fast vollständig verdeckt wurde.
So rücken in der Innenpolitik Lösungen in immer weitere Ferne. Eine Einigung der Spitzen der Großen Koalition über den Einsatz der Bundeswehr im Innern erwies sich als vorschnell. Die SPD-Innenpolitiker machten ihrer Führung klar, dass sie die von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) seit langem angestrebte Änderung des Grundgesetzes nicht mittragen würden. Vor allem die Erweiterung des Bundeswehr-Einsatzes, der heute im Inland nur bei überregionalen Katastrophenfällen und nur als Unterstützung der Polizei möglich ist, auf einen Einsatz bei "besonders schweren Unglücksfällen" ist den SPD-Innenpolitikern zu allgemein. Darunter wird auch die Abwehr terroristischer Angriffe durch die Bundeswehr verstanden. Die Sozialdemokraten wollen, wie der Parlamentarische Geschäftsführer Thomas Oppermann sagte, im Grundgesetz eine Beschränkung auf Terrorgefahren, die aus der Luft oder von See kommen. Die SPD-Fraktion setzte eine Arbeitsgruppe ein, die sich mit dem Thema befassen soll. Mit schnellen Ergebnissen wird nicht gerechnet. "Die Entscheidung weckt erhebliche Zweifel, ob die SPD noch in der Lage ist, in der Koalition verlässliche Absprachen zu treffen", schimpfte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Hartmut Koschyk. Die SPD-Fraktion stehe wohl nicht mehr hinter dem SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier. Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Bosbach bezeichnete die Absicht der SPD, einen Arbeitskreis zu gründen, als "Realsatire".
Auch ein weiteres Projekt wurde im Schatten der Weltfinanzkrise zunächst einmal auf Eis gelegt. Die Stärkung des Bundeskriminalamtes (BKA), das neue Kompetenzen für den Kampf gegen den internationalen Terrorismus erhalten sollte (unter anderem Online-Durchsuchung), lässt auf sich warten. Wann das BKA-Gesetz ( 16/9588) jetzt in Kraft treten kann, ist unklar.