Geschäftiges Treiben im Büro der Bundestagsabgeordneten Angelika Brunkhorst. Es ist zwar Sitzungswoche, dennoch pendelt die FDP-Politikerin zwischen Berlin und ihrem niedersächsischen Wahlkreis "Delmenhorst-Wesermarsch-Oldenburger Land" hin- und her. Ein Besuch mit Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Jung bei der Logistik-Brigade 1 in Delmenhorst, dann zurück nach Berlin zu einem Treffen mit Bauernvertretern auf der "Grünen Woche", zwischendrin feilen an einer Rede: Im Bundestag steht die 10. Novellierung des Atomgesetzes auf der Tagesordnung.
Für Brunkhorst, die Sprecherin ihrer Fraktion für Naturschutz und Reaktorsicherheit ist, sind das alles wichtige Themen. Doch die Diskussion um die Atomkraft hat sie in jüngster Zeit besonders in Atem gehalten. Im Sommer 2008 geriet das Atommülllager Asse II in die Schlagzeilen. Im November folgten dann die größten Proteste seit Jahren gegen die Castortransporte ins Zwischenlager Gorleben, an denen auch Spitzenpolitiker wie Renate Künast und Claudia Roth von Bündnis 90/ Die Grünen teilnahmen. "Scheinheilig", findet das die FDP-Abgeordnete. Jürgen Trittin habe, als er noch grüner Bundesumweltminister gewesen sei, den Rücktransport von deutschem Atommüll aus Frankreich vereinbart und auch die Proteste dagegen kritisiert. "Und das zu Recht", sagt Angelika Brunkhorst. Nun sei dies scheinbar vergessen.
Die emotionsgeladene Debatte über die Atomkraft ist also zurück. Verwundern kann das die Liberale nicht: "Wir sind im Wahljahr. Natürlich versuchen die Grünen, das Thema angstbesetzt zu diskutieren!" Hilfreich sei das aber kaum. Angesichts des hohen deutschen Energiebedarfs müsse schließlich über Atomkraft gesprochen werden, über längere Laufzeiten der Kernkraftwerke - aber vor allem über die Frage der Endlagerung. "Die müssen wir lösen", sagt Brunkhorst. "Das geht aber nur, wenn wir sachbezogen diskutieren."
Und da kann die gebürtige Hannoveranerin durchaus hartnäckig sein."Ich bin eine ziemlich penetrante Fragerin", sagt Angelika Brunkhorst. Sie hat ein schmales Gesicht, dunkelbraune, kinnlange Haare, eine sportliche Figur. Nordische Kühle merkt man ihr nicht an, wohl aber eine als "typisch norddeutsch" geltende Zurückhaltung. Die hatte die Sozialwissenschaftlerin, die ein Job-Center leitete und als Dozentin lange in der Erwachsenenbildung arbeitete, zunächst auch gegenüber der Politik: Während des Studiums in Oldenburg engagierte sie sich zwar, aber eher in der "zweiten Reihe". "Ich war keine Vorturnerin", erklärt Brunkhorst. Auch eine Parteimitgliedschaft kam zunächst nicht in Frage. Doch wenn es um die Sache selbst ging, fing sie stets Feuer. Immer wieder schrieb Brunkhorst kritische Leserbriefe an Zeitungen. So oft, dass schließlich die Oldenburger FDP auf sie aufmerksam wurde und sie 1995 als Mitglied gewinnen konnte. Zu dieser Zeit begann Brunkhorst auch, sich als fachkundige Bürgerin im Rat der Samtgemeinde Harpstedt zu engagieren, später auch als beratendes Mitglied im Umwelt- sowie im Schulausschuss. Einer ihrer ersten politischen Erfolge war die Planung eines "natürlichen" Schulhofes. Statt mit Asphalt und Metallgerüsten wurde der Hof einer Grundschule mit Erdreich, Wurzelwerk und Feldsteinen gestaltet. "Das war Überzeugungsarbeit", sagt sie und erinnert sich, wie viele Bedenken sie ausräumen musste. Schon früh erwarb sie sich so aber den Ruf einer beharrlichen Diskutantin. Das koste zwar Zeit, sei aber nachhaltiger.
Nachhaltig ist auch ihr Engagement für die Themen Umwelt und Bildung: Im Bundestag, dem sie als Nachrückerin seit dem 21. März 2003 angehört, ist sie Obfrau der FDP im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Seit sechs Jahren fühlt sich Brunkhorst zudem der Bundeswehr verpflichtet - und das mit vollem Körpereinsatz. Als Reservistin der Bundeswehr nimmt sie regelmäßig im Gelände an Wehrübungen teil. "Sternchen will ich mir nicht auf die Schulter packen", sagt sie, "aber ein tieferes Verständnis gewinnen für die Belange der Bundeswehr."