Namibia
Die Erfahrungen eines deutschen Farmers
Die Seele eine Weile baumeln lassen" wollte Ulf Stuberger und ging 1998 nach Namibia. Dort übernahm er die Zweitfarm eines deutschstämmigen Ehepaares, um sie als Gästefarm für Touristen zu betreiben. In Deutschland hatte Stuberger als Journalist und Reiseleiter gearbeitet, er präsentiert sich weltgewandt. Der Erlebnisbericht über sein Farmerdasein irritiert allerdings durch seine ständigen Wertungen und kommt bisweilen naiv daher. Der Neunamibier wundert sich, "dass ich nicht sofort von Kindern umringt wurde, wie es in Afrika üblich ist" und mokiert sich über "nackte Stachelbeerbeine in Lederlatschen" bei weißen Farmern. Das auf Farmen gesprochene Afrikaans verhöhnt er als "Bimbo-Holländisch", verschweigt aber, dass es die Muttersprache von Menschen verschiedener Hautfarbe ist und auf Afrikaans große Literatur verfasst wird. Und es grenzt an Rassismus mit umgekehrten Vorzeichen, wenn er die weiß-schwarze Bevölkerungsgruppe der Rehoboter Baster pauschal abkanzelt, dagegen der Ethnie der schwarzen Wambo undifferenziert seine Sympathie entgegenbringt. Einen Heiligenschein verpasst er der Regierungspartei SWAPO und ihrem früheren Vorsitzenden Sam Nujoma.
Dann liefert Stuberger doch noch brisante Informationen. Als Neufarmer übernimmt er von seinen Nachbarn nicht nur Haus und Farmland, sondern auch seine erste Angestellte, der weitere folgen. Kommerzielle Landwirtschaft wird in Namibia von weißen und mittlerweile auch einigen nichtweißen Farmern arbeitsintensiv betrieben, denn Arbeitskräfte sind billig. Stuberger erfährt nach und nach, wie die Menschen auf seiner Nachbarfarm in völliger Abhängigkeit gehalten werden.
Arbeitszeit und und Entlohnung werden vom Farmer nach Gutdünken festgelegt. Weil die Farm abgelegen und Transport teuer ist, müssen die Familien zu überhöhten Preisen im Farmladen einkaufen, ihre Verschuldung fesselt sie an den Arbeitgeber. Andere Verdienstmöglichkeiten gibt es nicht, es herrschen Willkür und Erniedrigung. Kinder erhalten kaum Schulbildung, die Alten verbringen einen elenden Lebensabend, der Friedhof liegt hinter dem Müllplatz. Stuberger nennt das Lohnsklaverei. Solche Zustände seien kein Einzelfall, sie "treffen auf alle von mir besuchten etwa zwanzig Farmen zu".
Nach fünf Jahren gibt Stuberger seine Farmerexistenz auf und kehrt zurück nach Deutschland.
Ich war ein weißer Farmer in Afrika.
Herbig Verlag, München 2008; 252 S., 19,95 ¤