ENERGIE
In Deutschland sind sieben Kohlekraftwerke im Bau. Überschuss beim Energieexport
Zu den politisch umstrittensten Projekten seit der Atomkraft gehört das Kohlekraftwerk Moorburg in Hamburg. Doch in Deutschland ist Moorburg kein Einzelfall. Derzeit seien sieben Kohlekraftwerke im Bau, teilte die Bundesregierung den Grünen mit ( 16/11538). Dabei stehen andere Anlagen dem Kraftwerk Moorburg des Energiekonzerns Vattenfall, für das eine Nennleistung von 1.640 Megawatt angegeben wird, wenig nach. In Datteln im Kreis Recklinghausen (Nordrhein-Westfalen) baut Eon eine weitere Anlage mit einer Leistung von 1.100 Megawatt, die 2011 fertig gestellt sein soll. Mit 178 Metern Höhe wird der Kühlturm zum neuen Wahrzeichen der früheren Zechenstadt. Eine ganz andere Frage ist, ob Deutschland so viele Kraftwerke braucht. Denn 2007 wurden nach Angaben der Bundesregierung 19,1 Terrawattstunden Strom ins Ausland exportiert - ein neuer Rekord. Eine Terrawattstunde entspricht einer Milliarde Kilowattstunden.
Der Betreiber stellt natürlich die positiven Seiten der Höhen- und Leistungsrekorde der Anlage in Datteln in den Vordergrund. "In der Energietechnik ist Größe ein echter Vorteil", sagt Kraftwerkschef Matthias Hube. So steige der Wirkungsgrad in Datteln vom deutschen Durchschnittswert (38 Prozent) auf rund 46 Prozent. Und der Kohlendioxidausstoß werde in der Region um 20 Prozent sinken, weil zwei alte Anlagen abgeschaltet würden. Dennoch wird das Kraftwerk Datteln pro Jahr sieben Millionen Tonnen Kohlendioxid ausstoßen (zum Vergleich: Moorburg 8,5 Millionen Tonnen). Das seien aber eine bis 1,5 Millionen Tonnen pro Jahr weniger gegenüber dem Fall, dass die alten Anlagen in Betrieb bleiben würden. Für Kraftwerkschef Hube ist das "praktizierter Klimaschutz". Eon weist darauf hin, dass deutsche Kraftwerke im Durchschnitt 950 Gramm Kohlendioxid pro Kilowattstunde ausstoßen. In Datteln soll dieser Wert Dank neuer Technik auf 785 Gramm sinken.
Für die Politik ist das jedoch immer noch zu wenig. Daher müssen auch in Datteln auf dem 640.000 Quadratmeter großen Kraftwerksgelände Flächen für eine Anlage zur Abscheidung von Kohlendioxid vorgehalten werden, obwohl die Technik noch gar nicht baureif ist. Deutlich wird dies in einem Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung ( 16/9896). Danach erfordert die Abtrennung des Kohlendioxids einen riesigen Energieaufwand. Der Wirkungsgrad eines Kraftwerks sinke dadurch um 15, der Brennstoffbedarf steige um 40, und die Kosten der Stromerzeugung dürften sich um 50 Prozent erhöhen. Für Hube wäre eine Abscheidung des Kohlendioxids nur dann sinnvoll, wenn es vorher zu erheblichen Effizienzsteigerungen in den Kraftwerken komme, das heißt, wenn der Wirkungsgrad auf über 50 Prozent erhöht werden kann. Wo das Kohlendioxid gelagert werden könnte, ist eine andere Frage. Im Bericht des Ausschusses heißt es, das Gas könne in leeren Öl- und Gasfeldern gelagert werden.