Rechtsextremismus
Eine detaillierte und sachliche Darstellung der NPD
Ein Dementi klingt anders: Nein, pleite sei die Partei natürlich nicht, teilte der Leiter der NPD-Rechtsabteilung Frank Schwerdt in einer Pressemitteilung Anfang März mit. Sie werde "nur die Verwaltungstätigkeiten stark einschränken müssen". Einmal mehr steckt die vom Bundesverfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte Partei in finanziellen Schwierigkeiten, nachdem die Bundestagsverwaltung zuletzt im April dieses Jahres Fehler im Rechenschaftsbericht mit einer Strafe in Höhe von mehr als 2,5 Millionen Euro geahndet hatte. Vor wenigen Monaten wurde der ehemalige Schatzmeister der Partei Erich Kemna wegen Untreue zu einer Haftstrafe verurteilt - und gerade erst hat die Partei Selbstanzeige erstattet, weil Spendengelder "nicht auffindbar" seien.
Zum Finanzchaos kommen interne Querelen. Der bisherige Parteichef Udo Voigt will sich auf dem Parteitag, der voraussichtlich im April stattfinden soll, zwar wieder zur Wahl stellen, hat aber kaum Chancen gegen den Fraktionschef im Schweriner Landtag Udo Pastörs. Der ebenfalls hoch gehandelte Andreas Molau hat gerade auf eine Kandidatur verzichtet, da der ultrarechte Flügel der Partei unter Führung des NDP-Vorstandsmitglieds Jürgen Rieger eine Rufmordkampagne gegen ihn führe.
Schlechte Stimmung also am rechten Rand - und im Superwahljahr 2009 wohl keine guten Voraussetzungen für die Partei, die in den vergangenen Jahren viele Wählerstimmen gerade im Osten geholt hat und die auf nicht weniger hinarbeitet als die "Machtübernahme in Deutschland". So sehen es jedenfalls die beiden Journalisten Christoph Ruf und Olaf Sundermeyer in ihrem Buch "In der NPD. Reisen in die National befreite Zone".
Ruf und Sundermeyer haben akribisch recherchiert und sich in eine Welt begeben, die viele Demokraten lieber meiden: Sie sind im sächsischen Wahlkampfbus mitgefahren, haben an Festen der Rechtsextremen und ihren Aufmärschen teilgenommen und mit fast allen wichtigen Vertretern der Partei gesprochen.
Ihr Fazit ist eindeutig - und es wäre verheerend, ginge es angesichts der aktuellen Selbstdemontage der NPD unter: Denn die ist eine "staatsfeindliche Neonazipartei". Und solange nicht ausgemacht ist, dass die Rechtsextremisten sich selbst zerlegen, muss die Warnung vor den Zielen der Partei immer wieder wiederholt werden, damit es ihr eben nicht gelingt, die Demokratie "langfristig mit ihren eigenen Mitteln zu schlagen".
Sundermeyer und Ruf setzen auf Sachlichkeit, nicht auf moralische Empörung. Sie belegen in vielen detaillierten Schilderungen, dass die NPD versucht, sich in ihrer Außendarstellung als "pragmatische Wahlalternative" zu gerieren, sich aber nach innen als Teil einer "revolutionären, nationalsozialistischen Bewegung" definiert, deren Ziel der "Wiederaufbau des Deutschen Reiches" ist. Bürgerliche Biedermänner wie der sächsische Fraktionsvorsitzende Holger Apfel mögen rhetorisch geschult sein und den Teufel tun, den Nationalsozialismus nach außen zu verherrlichen. Doch Erinnerungen wie die des ehemaligen Jenaer NPD-Vorstands Uwe Luthardt, der nach wenigen Monaten die Partei wieder verließ, sprechen eine andere Sprache: Intern begrüße man sich mit dem Hitlergruß, singe das Horst-Wessel-Lied - oder spreche von den Güterzügen, "in die man die politischen Gegner, die Juden und die Ausländer stecken will, wenn man mal die Mehrheit im Land hat". Jürgen Gansel, Abgeordneter im sächsischen Landtag, singe auch gern das Lied "Eine U-Bahn bauen wir - von Jerusalem bis Auschwitz". Parteimitglieder, die aussteigen wollten, wachten in der Regel "auf der Nothilfestation auf".
Eine "Reifeprüfung" für die Demokratie nennen Ruf und Sundermeyer das Wahljahr 2009. Ihr Buch könnte beim Bestehen dieser Prüfung helfen, denn es enthält alles, was man über die NPD wissen muss, um sie nicht für so harmlos zu halten, wie sie sich gibt.
In der NPD. Reisen in die National Befreite Zone.
Verlag C.H. Beck, München 2009, 229 S., 12,95 ¤