HOMOSEXUELLE
Drei-Länder-Antrag für Verfassungsänderung
Betrachtet man die in Berlin, Bremen und Hamburg regierenden Parteienbündnisse Rot-Rot, Rot-Grün und Schwarz-Grün, ist es schon eine sehr große Koalition, die sich hinter einem gemeinsamen Bundesratsantrag der drei Stadtstaaten zur Änderung des Grundgesetzes zusammengefunden hat. Ziel des am 16. Oktober in der Länderkammer vorgestellten Vorstoßes ist es, in der Verfassung das Verbot der Diskriminierung Homosexueller festzuschreiben.
Als Konsequenz aus der nationalsozialistischen Verfolgungspolitik hatten die Mütter und Väter des Grundgesetzes festgelegt, dass persönliche Merkmale wie Geschlecht oder Abstammung nicht zur Diskriminierung genutzt werden dürften, wie Berlins Regierungschef Klaus Wowereit (SPD) in der Bundesratssitzung erläuterte. Im 1949 verfassten Grundgesetzartikel drei fehlten indes mit Behinderten und Homosexuellen zwei der systematisch verfolgten Gruppen. Nachdem das Benachteiligungsverbot Behinderter 1994 ins Grundgesetz aufgenommen worden sei, müsse nun das Diskriminierungsverbot gegenüber Homosexuellen festgeschrieben werden, forderte Wowereit, der eine zunehmende Gewalt gegen Homosexuelle beklagte.
Auch sein Hamburger Amtskollege Ole von Beust (CDU) warb dafür, den Grundgesetzartikel drei um das Merkmal der "sexuellen Identität" zu ergänzen. Zwar habe sich die Gesellschaft in dieser Frage "enorm" entwickelt, doch spürten viele junge Schwule und Lesben in ihrer ländlichen oder kleinstädtischen Heimat "immer noch Diskriminierung, Verhöhnung und Schlechterstellung". Auch gebe es Milieus, in denen "Diskriminierung an der Tagesordnung ist". So gebe es gerade bei jungen Menschen mit ausländischem, insbesondere islamischem Kulturhintergrund stark religiös geprägte Vorurteile gegen Homosexualität. Auch im Sport, etwa beim Fußball, sei es mit der "Nicht-Diskriminierung noch nicht weit her".
Die scheidende Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) versprach sich von der vorgeschlagenen Ergänzung des Grundgesetzes auch eine "handfeste Verbesserung" für homosexuelle Paaren, die sich heute nur auf den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz berufen könnten und so Diskriminierungen etwa im Steuerrecht hinnehmen müssten. Die Verfassungsänderung, über die nun die Bundesratsausschüsse beraten, wäre "ein großer Gewinn für die Gerechtigkeit".