BUNDESTAG
Die Parlamentarischen Geschäftsführer sind für die Organisation unentbehrlich
So unbekannt sie in der Öffentlichkeit oft sind, so wichtig ist die Arbeit der Parlamentarischen Geschäftsführer (PGF) der Fraktionen für den Bundestag: Ohne sie würde im täglichen Parlamentsbetrieb nur wenig laufen. Ihre Pendants im britischen Unterhaus hören auf den martialischen Namen "chief whip" - "Chef-Einpeitscher". Der Grund: Bei wichtigen Abstimmungen müssen sie dafür sorgen, dass alle Abgeordneten ihrer Fraktion anwesend sind und geschlossen abstimmen.
Als "Einpeitscher" sieht sich Hartmut Koschyk, Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, nicht: "In einer Zeit, wo einzelne, besonders direkt gewählte Abgeordnete ihr Mandat mit Selbstbewusstsein ausüben, ist es doch mehr die Koordinierungs- und Abstimmungsfunktion", beschreibt er seine Rolle. "Da kommt man mit Einpeitschen nicht weit."
Für eine "ordentliche Präsenz" müssen die Parlamentarischen Geschäftsführer bei wichtigen Abstimmungen oder Reden aber dennoch sorgen. Ulrich Heinrich, ehemaliger Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP, erzählt, dass er bei solchen Anlässen sogar dem amtierenden Außenminister Klaus Kinkel das Reisen verbot.
Doch die Aufgabe der PGFs erschöpft sich nicht in der Herstellung geschlossener Reihen im Plenum: Sie vermitteln ebenso zwischen Fraktionsvorstand und Abgeordneten, koordinieren die Besetzung der Ausschüsse, verteilen Büros, Redezeiten im Plenum und entscheiden über Reisezuschüsse. Vier bis fünf Geschäftsführer wählen die Fraktionen zu Beginn einer Legislaturperiode, der Erste Parlamentarische Geschäftsführer hat dabei die wichtigste Rolle. Er ist es auch, der durch die Abstimmung zwischen den Fraktionen "für reibungslose Parlamentsabläufe zu sorgen" hat, sagt Hartmut Koschyk. Zweimal in jeder Sitzungswoche, in der Regel dienstags und mittwochs, treffen sich die Parlamentarischen Geschäftsführer der Regierungs- und Oppositionsfraktionen dafür bei Kaffee und Keksen.
In kleiner Runde wird hier abgestimmt, welche Themen in welcher Reihenfolge auf die Tagesordnung des Bundestages gesetzt werden sollen. Jeder Geschäftsführer kämpft dafür, dass Themen, die der eigenen Fraktion am Herzen liegen, zu einem günstigen Zeitpunkt behandelt werden. Schließlich verfolgen nur wenige Bürger und Journalisten in den Abendstunden noch die Plenardebatten. Die Beschlüsse, die in den PGF-Runden vorbereitet werden, werden vom Ältestenrat des Bundestages in seiner Donnerstagssitzung in der Regel übernommen.
Die Fraktionsmanager walten aber nicht nur im Hintergrund: "Das wäre mir zu wenig", bekennt Dagmar Enkelmann, Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion Die Linke. Zu den Aufgaben gehört es auch, der Öffentlichkeit Ideen und Konzepte ihrer Fraktion zu vermitteln. Wegen ihrer Hintergrundinformationen sind Parlamentarische Geschäftsführer begehrte Ansprechpartner für die Medien.
Volker Beck, der das Amt seit 2002 bei den Grünen ausübt, wundert das nicht: Die PGFs "wissen manchmal genauer als die Minister, was aus Gesetzentwürfen wird - und wann."