Der Sacharow-Preis des Europäischen Parlaments geht in diesem Jahr an die russische Bürgerrechtsorganisation "Memorial" und deren Mitarbeiter Oleg Orlow, Sergej Kowaljow und Ljudmila Alexejewa. Die Organisation setzt sich seit Ende der 1980er Jahre dafür ein, dass die Verbrechen des Stalinismus aufgeklärt werden. Seit den 1990er Jahren engagiert sie sich insbesondere gegen autoritäre Tendenzen in den post-sowjetischen Staaten - oft mit schwerwiegenden Konsequenzen. So wurde der Vorsitzende von Memorial, Oleg Orlow, im November 2007 zusammen mit drei Journalisten in Inguschetien entführt, geschlagen und mit dem Tode bedroht. Die "Memorial"-Mitarbeiterin Natalja Estemirowa wurde am 14. Juli in Tschetschenien ermordet.
EU-Parlamentspräsident Jerzy Buzek begründete die Entscheidung für "Memorial" mit einer konkreten Hoffnung: Das EU-Parlament wolle dazu beitragen, "dass der Kreislauf aus Furcht und Gewalt, mit dem sich Menschenrechtler in der Russischen Föderation konfrontiert sehen, durchbrochen wird", sagte er. Außerdem wolle es deutlich machen, "dass Aktivisten der Zivilgesellschaft ihr grundlegendes Recht auf Meinungs- und Gedankenfreiheit überall frei ausüben können müssen".
Mit dem "Sacharow-Preis für geistige Freiheit" zeichnet das Europäische Parlament jährlich Persönlichkeiten und Organisationen aus, die sich für die Menschenrechte und gegen Unrecht einsetzen. Der Preis ist nach dem russischen Atomphysiker und Dissidenten Andrej Sacharow benannt, der in den 1970er und 1980er Jahren für Demokratie und Menschenrechte in der damaligen UdSSR kämpfte. 1988, ein Jahr vor Sacharows Tod, vergab das Europäische Parlament den mit 50.000 Euro dotierten Preis zum ersten Mal. Im vergangenen Jahr bekam ihn der chinesische Dissident Hu Jia.
"Memorial" erhält seine Auszeichnung am 16. Dezember in einer feierlichen Sitzung in Straßburg - traditionell wenige Tage nach den Feierlichkeiten zum 51. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Die Vereinten Nationen hatten sie am 1. Dezember 1948 unterzeichnet.