Beschluß des Deutschen Bundestages betr. Aufhebung der
Immunität von Mitgliedern des Bundestages
- Der Deutsche Bundestag genehmigt bis zum Ablauf dieser
Wahlperiode die Durchführung von Ermittlungsverfahren gegen
Mitglieder des Bundestages wegen Straftaten, es sei denn, dass es
sich um Beleidigungen (§§ 185, 186, 187a Abs. 1, §
188 Abs. 1 StGB) politischen Charakters handelt.
Vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ist dem Präsidenten
des Deutschen Bundestages und, soweit nicht Gründe der
Wahrheitsfindung entgegenstehen, dem betroffenen Mitglied des
Bundestages Mitteilung zu machen; unterbleibt eine Mitteilung an
das Mitglied des Bundestages, so ist der Präsident auch
hiervon unter Angabe der Gründe zu unterrichten. Das Recht des
Deutschen Bundestages, die Aussetzung des Verfahrens zu verlangen
(Artikel 46 Abs. 4 GG), bleibt unberührt.
Das Ermittlungsverfahren darf im Einzelfall frühestens 48
Stunden nach Zugang der Mitteilung beim Präsidenten des
Deutschen Bundestages eingeleitet werden. Bei der Berechnung der
Frist werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht
mitgerechnet. Der Präsident kann im Einvernehmen mit dem
Vorsitzenden des Ausschusses für Wahlprüfung,
Immunität und Geschäftsordnung die Frist angemessen
verlängern.
- Diese Genehmigung umfaßt nicht
a) die Erhebung der öffentlichen Klage wegen einer Straftat
und den Antrag auf Erlaß eines Strafbefehls,
b) im Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten den
Hinweis des Gerichts, daß über die Tat auch auf Grund
eines Strafgesetzes entschieden werden kann (§ 81 Abs. 1 Satz
2 OWiG),
c) freiheitsentziehende und freiheitsbeschränkende
Maßnahmen im Ermittlungsverfahren.
d) die Fortsetzung eines Ermittlungsverfahrens, zu dem der
Bundestag in der vorausgegangenen Wahlperiode die Aussetzung der
Ermittlungen gemäß Artikel 46 Abs. 4 des Grundgesetzes
verlangt hat.
- Zur Vereinfachung des Geschäftsganges wird der Ausschuss
für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung
beauftragt, bei Verkehrsdelikten eine Vorentscheidung über die
Genehmigung in den Fällen der Nummer 2 zu treffen.
Dasselbe gilt für Straftaten, die nach Auffassung des
Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung als Bagatellangelegenheiten zu betrachten
sind.
Die Ermächtigung zur Strafverfolgung gemäß §
90b StGB - verfassungsfeindliche Verunglimpfung des Deutschen
Bundestages - sowie § 194 Abs. 4 StGB - Beleidigung des
Deutschen Bundestages - kann im Wege der Vorentscheidung erteilt
werden.
Ist zu Beginn einer Wahlperiode die Fortsetzung eines
Strafverfahrens gegen ein Mitglied des Bundestages zu genehmigen,
gegen das der vorhergehende Bundestag die Durchführung dieses
Strafverfahrens bereits genehmigt hat, kann im Wege der
Vorentscheidung verfahren werden.
- Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer
Erzwingungshaft (§§ 96, 97 OWiG) bedürfen der
Genehmigung des Deutschen Bundestages. Zur Vereinfachung des
Geschäftsganges wird der Ausschuss für Wahlprüfung,
Immunität und Geschäftsordnung beauftragt, eine
Vorentscheidung über die Genehmigung der Vollstreckung zu
treffen, bei Freiheitsstrafen nur, soweit nicht auf eine
höhere Freiheitsstrafe als drei Monate erkannt ist oder bei
einer Gesamtstrafenbildung (§§ 53, 55 StGB, § 460
StPO) keine der erkannten Einzelstrafen drei Monate
übersteigt.
- Ist der Vollzug einer angeordneten Durchsuchung oder
Beschlagnahme gegen ein Mitglied des Bundestages genehmigt, ist der
Präsident beauftragt, die Genehmigung mit der Auflage zu
verbinden, daß beim Vollzug der Zwangsmaßnahme ein
anderes Mitglied des Bundestages und - falls die Vollstreckung in
Räumen des Bundestages erfolgen soll - ein zusätzlicher
Vertreter des Präsidenten anwesend sind; das Mitglied des
Bundestages benennt der Präsident im Benehmen mit dem
Vorsitzenden der Fraktion des Mitgliedes des Bundestages, gegen das
der Vollzug von Zwangsmaßnahmen genehmigt ist.
- Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung kann im Wege der Vorentscheidung das
Verlangen des Bundestages auf Aussetzung eines Verfahrens
gemäß Artikel 46 Abs. 4 des Grundgesetzes
herbeiführen.
- Bei Vorentscheidungen werden die Beschlüsse des
Ausschusses dem Bundestag durch den Präsidenten schriftlich
mitgeteilt, ohne auf die Tagesordnung gesetzt zu werden. Sie gelten
als Entscheidung des Deutschen Bundestages, wenn nicht innerhalb
von sieben Tagen nach Mitteilung schriftlich beim Präsidenten
Widerspruch erhoben wird.
Grundsätze in
Immunitätsangelegenheiten und in Fällen der Genehmigung
gemäß § 50 Abs. 3 StPO und § 382 Abs. 3 ZPO
sowie bei Ermächtigungen gemäß § 90b Abs. 2,
§ 194 Abs. 4 StGB
A. Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten
- Antragsberechtigung
Berechtigt
zur Stellung eines Antrages auf Aufhebung der Immunität
sind
a) die Staatsanwaltschaften, Gerichte, Ehren- und Berufsgerichte
öffentlich- rechtlichen Charakters sowie berufsständische
Einrichtungen, die kraft Gesetzes Standesaufsicht
ausüben,
b) im Privatklageverfahren das Gericht, bevor es nach § 383
StPO das Hauptverfahren eröffnet,
c) der Gläubiger im Vollstreckungsverfahren, soweit das
Gericht nicht auch ohne dessen Antrag tätig werden kann,
d) der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung.
- Mitteilung an
den Präsidenten des Bundestages und Einreichen der
Anträge
a) Hat der Bundestag für die Dauer
einer Wahlperiode die Durchführung von Ermittlungsverfahren
gegen Mitglieder des Bundestages wegen Straftaten genehmigt, so ist
vor der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens dem Präsidenten
des Bundestages und, soweit nicht Gründe der Wahrheitsfindung
entgegenstehen, dem betroffenen Mitglied des Bundestages Mitteilung
zu machen; unterbleibt eine Mitteilung an das Mitglied des
Bundestages, so ist der Präsident auch hiervon unter Angabe
der Gründe zu unterrichten. Das Recht des Bundestages, die
Aussetzung des Verfahrens zu verlangen (Artikel 46 Abs. 4 des
Grundgesetzes), bleibt unberührt.
b) Die Staatsanwaltschaften und Gerichte richten ihre Anträge
an den Präsidenten des Bundestages auf dem Dienstweg über
den Bundesminister der Justiz, der sie mit der Bitte vorlegt, eine
Entscheidung herbeizuführen, ob die Genehmigung zur
Strafverfolgung oder Beschränkung der persönlichen
Freiheit eines Mitgliedes des Bundestages oder der sonst
beabsichtigten Maßnahme erteilt wird.
c) Der Gläubiger (Nummer 1 Buchstabe c) kann seinen Antrag
unmittelbar an den Bundestag richten.
- Stellung der
betroffenen Mitglieder des Bundestages
In
Immunitätsangelegenheiten soll das betroffene Mitglied des
Bundestages im Bundestag das Wort zur Sache nicht erhalten; von ihm
gestellte Anträge auf Aufhebung seiner Immunität bleiben
unberücksichtigt. Der Ausschussfür Wahlprüfung,
Immunität und Geschäftsordnung kann auf Antrag einer
Fraktion im Ausschuss dem betroffenen Mitglied Gelegenheit zur
Äußerung geben.
- Entscheidungen
in Immunitätsangelegenheiten
Das
Immunitätsrecht bezweckt vornehmlich, die Arbeits- und
Funktionsfähigkeit des Bundestages sicherzustellen; der
einzelne Abgeordnete hat einen Anspruch auf eine von sachfremden,
willkürlichen Motiven freie Entscheidung. Die Entscheidung
über die Aufhebung oder Wiederherstellung der Immunität
trifft der Bundestag in eigener Verantwortung unter Abwägung
der Belange des Parlaments und der anderen hoheitlichen Gewalten
unter Berücksichtigung der Belange des betroffenen
Abgeordneten. In eine Beweiswürdigung wird nicht eingetreten;
die Entscheidung beinhaltet keine Feststellung von Recht oder
Unrecht, Schuld oder Unschuld.
- Beleidigungen
politischen Charakters
Beleidigungen politischen
Charakters sollen in der Regel nicht zur Aufhebung der
Immunität führen.
Die Staatsanwaltschaft darf zur Vorbereitung einer Entscheidung
darüber, ob ein Antrag auf Entscheidung über die
Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gestellt
werden soll, dem Mitglied des Bundestages die Anschuldigung
mitteilen und ihm anheimstellen, hierzu Stellung zu nehmen.
Feststellungen der Staatsanwaltschaft über die
Persönlichkeit des Anzeigeerstatters sowie über andere
für die Beurteilung der Ernsthaftigkeit einer Anzeige wichtige
Umstände bedeuten kein "zur Verantwortung ziehen" im Sinne des
Artikels 46 Abs. 2 des Grundgesetzes.
Artikel 46 Abs. 1 des Grundgesetzes bestimmt, daß ein
Mitglied des Bundestages wegen einer Abstimmung oder einer
Äußerung, die es im Bundestage oder in einem seiner
Ausschüsse getan hat, gerichtlich oder dienstlich nicht zur
Verantwortung gezogen werden kann, mit Ausnahme bei
verleumderischen Beleidigungen (Indemnität). Das bedeutet
aber, daß es z. B. wegen einfacher Beleidigung, die im
Parlament erfolgt ist, nicht strafrechtlich verfolgt werden kann.
Hieraus wird der Grundsatz hergeleitet, daß bei einfachen
Beleidigungen, die außerhalb des Bundestages vorgekommen
sind, auch die Immunität nicht aufgehoben werden soll, soweit
die Beleidigung politischen Charakters ist und keine Verleumdung
darstellt. Als "außerhalb des Bundestages" gilt auch eine
beleidigende Äußerung, die ein Mitglied des Bundestages
als Zeuge vor einem Untersuchungsausschuss getan hat, da das
Mitglied des Bundestages hier jedem anderen Staatsbürger, der
als Zeuge vernommen wird, gleichgestellt ist.
- Festnahme eines
Mitgliedes des Bundestages bei Begehung der Tat
Bei
Festnahme eines Mitgliedes des Bundestages bei Begehung der Tat
oder im Laufe des folgenden Tages bedarf die Durchführung des
Strafverfahrens oder eine Verhaftung, soweit sie bis
spätestens "im Laufe des folgenden Tages" erfolgt, keiner
Genehmigung (Artikel 46 Abs. 2 des Grundgesetzes).
Eine erneute Vorführung oder Verhaftung nach vorheriger
Freilassung und Verstreichen des der Tat folgenden Tages bedarf
dann wieder der Genehmigung des Bundestages; denn hierin liegt eine
Beschränkung der persönlichen Freiheit (Artikel 46 Abs. 2
des Grundgesetzes), die in keinem Zusammenhang mit der Festnahme
"auf frischer Tat" steht.
- Verhaftung eines
Mitgliedes des Bundestages
a) Die für die Dauer
einer Wahlperiode erteilte Genehmigung zur Durchführung von
Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder des Bundestages wegen
Straftaten sowie die Genehmigung zur Erhebung der öffentlichen
Klage wegen einer Straftat umfaßt nicht zugleich auch die
Genehmigung zur Verhaftung (Artikel 46 Abs. 2 des Grundgesetzes)
oder zwangsweisen Vorführung. b) Unter Verhaftung (Artikel 46
Abs. 2 des Grundgesetzes) ist nur die Untersuchungshaft zu
verstehen; die Verhaftung zur Strafvollstreckung bedarf wieder
einer besonderen Genehmigung. c) Die Genehmigung zur Verhaftung
schließt die Genehmigung zur zwangsweisen Vorführung
ein. d) Die Genehmigung zur zwangsweisen Vorführung
schließt nicht die Genehmigung zur Verhaftung ein.
- Vollstreckung
von Freiheitsstrafen oder von Erzwingungshaft (§§ 96, 97
OWiG)
Die Genehmigung zur Erhebung der öffentlichen Klage wegen
einer Straftat berechtigt nicht zur Vollstreckung einer
Freiheitsstrafe. Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer
Erzwingungshaft (§§ 96, 97 OWiG) bedürfen der
Genehmigung des Bundestages. Zur Vereinfachung des
Geschäftsganges ist der Ausschuss für Wahlprüfung,
Immunität und Geschäftsordnung beauftragt, eine
Vorentscheidung über die Genehmigung der Vollstreckung zu
treffen, bei Freiheitsstrafen jedoch nur, soweit nicht auf eine
höhere Freiheitsstrafe als drei Monate erkannt ist, oder bei
einer Gesamtstrafenbildung (§§ 53 bis 55 StGB, § 460
StPO) keine der erkannten Einzelstrafen drei Monate
übersteigt.
- Disziplinarverfahren
Die
Aufhebung der Immunität zur Durchführung eines
Disziplinarverfahrens gilt nicht zur Durchführung eines
Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft wegen des gleichen
Sachverhalts. Umgekehrt gilt die Aufhebung der Immunität zur
Durchführung eines Strafverfahrens nicht für die
Durchführung eines Disziplinarverfahrens. Die Vollstreckung
von Disziplinarmaßnahmen bedarf keiner erneuten Genehmigung
des Bundestages.
- Ehren- und
Berufsgerichtsverfahren
Verfahren vor Ehren- und
Berufsgerichten, die öffentlich-rechtlichen Charakter haben,
können nur nach Aufhebung der Immunität durchgeführt
werden.
- Verfahren bei
Verkehrsdelikten
Bei Verkehrsdelikten soll die
Genehmigung grundsätzlich erteilt werden. Zur Vereinfachung
des Geschäftsganges ist der Ausschuss für
Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung
beauftragt, bei allen Fällen von Verkehrsdelikten eine
Vorentscheidung zu treffen.
- Verfahren bei
Bagatellsachen
Bei Anträgen, die nach Auffassung des Ausschusses für
Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung eine
Bagatellsache zum Gegenstand haben, ist der Ausschuss beauftragt,
eine Vorentscheidung (Nummer 13) zu treffen.
- Vereinfachtes
Verfahren (Vorentscheidungen)
Hat der Ausschuss auf Grund der ihm erteilten Ermächtigung
(Nummern 8, 11, 12, B. und C.) eine Vorentscheidung getroffen, wird
diese dem Bundestag durch den Präsidenten schriftlich
mitgeteilt, ohne auf die Tagesordnung gesetzt zu werden. Sie gilt
als Entscheidung des Bundestages, wenn nicht innerhalb von sieben
Tagen nach Mitteilung Widerspruch erhoben wird.
- Genehmigungspflicht in besonderen
Fällen
Die Genehmigung des Bundestages ist erforderlich: a) Zur
Vollstreckung von Ordnungshaft zur Erzwingung einer Unterlassung
oder Duldung (§ 890 ZPO).
Wird in einem Urteil oder einer einstweiligen Verfügung,
gerichtet auf eine Unterlassung oder Duldung, für den Fall der
Zuwiderhandlung eine Strafe angedroht, so stellt die Androhung die
Festsetzung einer Norm dar. Die Prüfung, ob diese Norm, die
den Schuldner zur künftigen Erfüllung der
Unterlassungspflicht anhalten soll, verletzt ist, bedeutet daher
ein "zur Verantwortung ziehen" im Sinne des Artikels 46 Abs. 2 des
Grundgesetzes wegen Verletzung "einer mit Strafe bedrohten
Handlung". Dabei ist es unerheblich, ob in dem Verfahren
Ordnungshaft oder -geld angestrebt wird.
b) Zur Vollstreckung der Haft zur Erzwingung der eidesstattlichen
Versicherung des Schuldners (§ 901 ZPO).
Da lediglich die Vollstreckung des Haftbefehls eine
Beschränkung der persönlichen Freiheit im Sinne des
Artikels 46 Abs. 2 des Grundgesetzes ist und daher der Genehmigung
des Deutschen Bundestages bedarf, steht der Ausschuss für
Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung auf dem
Standpunkt, daß die Durchführung des Verfahrens zur
Erzwingung der eidesstattlichen Versicherung gegen ein Mitglied des
Bundestages als Schuldner und auch die Anordnung der Haft durch das
Gericht zur Erzwingung der Leistung der eidesstattlichen
Versicherung noch kein "zur Verantwortung ziehen" bedeuten und
daher keiner Genehmigung des Deutschen Bundestages
bedürfen.
c) Zur Vollstreckung der Ordnungshaft oder zur zwangsweisen
Vorführung wegen Ausbleibens als Zeuge (§ 51 StPO und
§ 380 ZPO).
d) Zur Vollstreckung der Ordnungshaft oder der Haft wegen
grundloser Zeugnisverweigerung (§ 70 StPO und § 390
ZPO).
e) Zur Vollstreckung der Zwangshaft zur Erwirkung unvertretbarer
Handlungen (§ 888 ZPO).
f) Zur Vollstreckung der Haft oder sonstigen
Freiheitsbeschränkung zur Vollziehung des persönlichen
Sicherheitsarrestes (§ 933 ZPO). g) Zur Vollstreckung der
Ordnungshaft wegen Ungebühr (§ 178 GVG).
h) Zur zwangsweisen Vorführung des Schuldners und zur
Vollstreckung der Haft im Insolvenzverfahren (§ 21 Abs. 3 und
§ 98 Abs. 2 InsO).
i) Zur einstweiligen Unterbringung in einer Heil- oder
Pflegeanstalt (§ 126a StPO).
j) Zu freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und
Sicherung (§§ 61ff. StGB).
k) Zur zwangsweisen Vorführung (§§ 134, 230, 236,
329 und 387 StPO).
l) Zur Verhaftung auf Grund Haftbefehls nach §§ 114, 125,
230, 236 oder 329 StPO.
- Schutzmaßnahmen nach dem
Bundes-Seuchengesetz
Schutzmaßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz haben
notstandsähnlichen Charakter. Maßnahmen nach
§§ 29 ff. des Infektionsschutzgesetzes bedürfen
daher, gleichgültig, ob sie zum Schutz gegen das Mitglied des
Bundestages oder zum Schutz des Mitgliedes des Bundestages gegen
andere notwendig werden, nicht der Aufhebung der
Immunität.
Die zuständigen Behörden sind jedoch verpflichtet, den
Präsidenten des Deutschen Bundestages unverzüglich
über die gegen ein Mitglied des Bundestages angeordneten
Maßnahmen zu unterrichten. Der Ausschuss für
Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ist
berechtigt, zu prüfen oder prüfen zu lassen, ob es sich
um nach dem Infektionsschutzgesetz gerechtfertigte Maßnahmen
handelt.
- Anhängige
Strafverfahren
Bei Übernahme des Abgeordnetenmandats anhängige
Strafverfahren sowie jede angeordnete Haft, Vollstreckung einer
Freiheitsstrafe oder sonstige Beschränkung der
persönlichen Freiheit (vgl. Nummer 14) sind von Amts wegen
auszusetzen.
Soll ein Verfahren fortgesetzt werden, so ist vorher eine
Entscheidung des Bundestages einzuholen, soweit nicht bereits die
Genehmigung zur Durchführung von Ermittlungsverfahren wegen
einer Straftat erteilt ist.
- Behandlung von
Amnestiefällen
Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung ist ermächtigt, in allen Fällen, in
denen eine gerichtliche Strafverfolgung gegen ein Mitglied des
Bundestages infolge einer bereits ausgesprochenen Amnestie nicht
zur Durchführung kommen würde, die gerichtliche
Einstellung des Verfahrens auf Grund der Amnestie dadurch zu
ermöglichen, daß er in solchen Fällen erklärt,
der Bundestag werde gegen die Anwendung des Straffreiheitsgesetzes
keine Einwendungen erheben. Solche Fälle bedürfen nicht
der Vorlage an das Plenum des Bundestages.
B. Ermächtigung zur
Strafverfolgung nach § 90b Abs. 2, § 194 Abs. 4 StGB
Die Ermächtigung zur Strafverfolgung nach § 90b Abs. 2
StGB - verfassungsfeindliche Verunglimpfung des Bundestages - sowie
nach § 194 Abs. 4 StGB - Beleidigung des Bundestages - kann im
Wege der Vorentscheidung gemäß Nummer 13 der
Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten erteilt werden.
Die Staatsanwaltschaften richten ihre Anträge nach
Maßgabe der Richtlinien für das Strafverfahren und das
Bußgeldverfahren an den Bundesminister der Justiz, der sie
mit der Bitte vorlegt, eine Entscheidung herbeizuführen, ob
die Ermächtigung zur Strafverfolgung nach § 90b Abs. 2
oder § 194 Abs. 4 StGB erteilt wird.
C. Genehmigung zur
Zeugenvernehmung nach § 50 Abs. 3 StPO und § 382 Abs. 3
ZPO
Die Genehmigung zu einer Abweichung von § 50 Abs. 1 StPO
und § 382 Abs. 2 ZPO, wonach die Mitglieder des Bundestages am
Sitz der Versammlung zu vernehmen sind, kann im Wege der
Vorentscheidung gemäß Nummer 13 der Grundsätze in
Immunitätsangelegenheiten erteilt werden. Die
Staatsanwaltschaften und Gerichte richten ihre Anträge
unmittelbar an den Präsidenten des Bundestages. Einer
Genehmigung bedarf es nicht, wenn der Termin zur Vernehmung
außerhalb der Sitzungswochen des Bundestages liegt.