Aussprache über die Regierungserklärung von Angela Merkel
Aus Sicht des Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion, Volker Kauder,
erfordert die Wirtschaftskrise „außerordentliche
Maßnahmen“. Große Wirtschaftsnationen wie die USA
müssten sich ihrer Verantwortung für die Weltwirtschaft
bewusst sein. Dem künftigen US-Präsidenten müsse man
zurufen, dass dieses Problem, „das aus Amerika zu uns
kam“, nicht mit Protektionismus aus der Welt zu schaffen
sei.
Jetzt gehe es darum, so Kauder, die soziale Marktwirtschaft in schwierigen Zeiten zu erhalten. Die Menschen erwarteten vom Staat Sicherheit in existenziellen fragen. Sie müssten mit Perspektiven, mit dem Erhalt ihres Arbeitsplatzes, durch diese schwierige Zeit kommen.
Dagegen sprach der FDP-Fraktionsvorsitzende Dr. Guido Westerwelle
vom „größten Schuldenpaket“ in der
Geschichte des Landes. Der Kanzlerin warf er vor, dass in guten
Zeiten nicht für die schlechten vorgesorgt worden sei. Einen
Aufschwung gebe es nur, wenn sich Leistung für die Bürger
wieder lohne. Zu einem niedrigen, einfachen Steuersystem fehle der
Koalition jedoch der Mut.
Deutschland werde angesichts der angekündigten „Steuerentlastungen auf Taschengeldniveau“ nicht in einen Konsumrausch verfallen, sagte Westerwelle. Das Paket kümmere sich weniger um die Konjunktur als um die Wahlkampfinteressen. Die Wenigsten würden den Tag erleben, an dem die mit dem Konjunkturpaket verbundenen neuen Schulden zurückgezahlt sein werden, prophezeite der FDP-Politiker.
Als „völlig unzureichend“ bezeichnete Oskar
Lafontaine (Die Linke) das Konjunkturpaket, weil viel zu wenig in
die öffentliche Infrastruktur investiert werde. Hinzu komme,
dass nicht gegen die „Schieflage in der Gesellschaft“
unternommen werde. Die Hälfte aller Haushalte zahle keine
Steuern, brauche aber das Geld.
Sinnvoller wäre es gewesen, so Lafontaine, einen Mindestlohn von 8,71 Euro pro Stunde einzuführen, die Renten um vier Prozent zu erhöhen und den Hartz-IV-Regelsatz auf 435 Euro monatlich anzuheben. Die „sozialen Ungleichgewichte“ bei Einkommen und Vermögen müssten im eigenen Land abgebaut werden.
Fraktionschef Fritz Kuhn von Bündnis 90/Die Grünen sagte,
das Geld künftiger Generationen auszugeben sei nur dann
legitim, wenn die künftigen Generationen etwas davon
hätten. Er sprach von einem „ordnungspolitischen
Blindflug“ der Koalition angesichts der Teilverstaatlichung
der Commerzbank.
Wirkungsvoller wäre aus Kuhns Sicht gewesen, bei den
Hartz-IV-Sätzen und beim Mindestlohn tätig zu werden. Das
Vorgehen beim Beitragssatz zur Krankenversicherung, ihn nach der
jüngsten Anhebung wieder um 0,6 Prozentpunkte zu senken,
umschrieb Kuhn mit dem Begriff
„Voodoo-Ökonomie“.
Andrea Nahles (SPD) verteidigte die von Kuhn kritisierte Umweltprämie von 2.500 Euro für die Verschrottung von mehr als neun Jahre alten Pkw. Diese „Abwrackprämie“ sei eine Prämie für den Erhalt von Arbeitsplätzen in diesem Land, sagte die Sozialdemokratin.
Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU) widersprach der Einschätzung,
Steuersenkungen seien kein Mittel in der Krise. Das verabredete
Entlastungsvolumen von sechs Milliarden Euro sei höher als das
der Unternehmensteuerreform von 2007.
„Nichtstun ist keine Alternative“, hatte Angela Merkel eingangs festgestellt und dabei versichert: „Wir handeln gut überlegt.“ In der Autobranche habe Deutschland eine weltweit einmalige Technologie- und Innovationskraft. Diese Kernsubstanz wolle man nicht nur erhalten, sondern modernisieren.
Die Entlastung für eine vierköpfige Familie mit zwei
Kindern und einem Erwerbstätigen mit einem
Durchschnittseinkommen von 30.000 Euro im Jahr bezifferte Angela
Merkel auf 314 Euro. Mit 80 Milliarden Euro für beide
Konjunkturpakete brauche Deutschland den europäischen
Vergleich nicht zu scheuen. Mit der vorgesehenen Aufnahme einer
„Schuldenbremse“ ins Grundgesetz werde man zudem
für künftige Generationen ein Zeichen setzen, sagte die
Kanzlerin.
AußenministeDr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) bezeichnete das Konjunkturpaket als „Zwischenschritt“. Die Menschen wollten wissen, wie der politische Rahmen aussieht, damit Unternehmen wieder langfristig denken und investieren. Jetzt, wo auch international die Einsicht vorhanden sei, „müssen wir an einer Ordnung der Weltwirtschaft arbeiten, die Krisen verhindert“, sagte der Minister.