Debatte im Bundestag zur Vision einer Welt ohne Atomwaffen
Eine atomwaffenfreie Welt ist möglich und wünschenswert: Darin waren sich am Freitag, 24. April 2009, alle Fraktionen des Bundestags einig. Doch während SPD und Opposition glauben, dass für eine neue Abrüstungskultur auch der schnellstmögliche Abzug der amerikanischen Atomwaffen aus Deutschland nötig ist, scheiterten sämtliche Anträge der Opposition zum Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland. Die Union will nicht auf die nukleare Teilhabe verzichten.
Dies wurde in der rund anderthalbstündigen Debatte deutlich.
Als erster Redner betonte Bundesaußenminister Frank-Walter
Steinmeier (SPD), er teile die Vision des neuen amerikanischen
Präsidenten Barack Obama, die „Zeit für einen neuen
Aufbruch“ in der Abrüstung sei
„günstig“.
Es sei nötig, bei der Überprüfungskonferenz zum Nichtverbreitungsvertrag im kommenden Jahr in New York „das Herzstück der Verträge“ zu erneuern und im Blick zu behalten, dass Abrüstung und die Verhinderung nuklearer Proliferation zusammen gehörten.
Nach den Worten des Miinisters muss es einen Produktionsstopp
waffenfähigen Spaltmaterials und eine Multilateralisierung des
Brennstoffkreislaufs geben. Die angestrebte Abrüstung
müsse „auch die taktischen Atomwaffen
einbeziehen“, denn vollständigen Schutz könne es
nur mit der „vollständigen Abschaffung aller Atomwaffen
geben“.
Für die SPD-Fraktion bekräftigte Rolf Mützenich, es sei „gut und richtig“, dass Steinmeier auch über den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland spreche, es sei aber „zu wenig“, wenn man sich wie die FDP sich nur auf die Waffen auf deutschem Territorium konzentriere.
Für den Abzug der US-Atomwaffen plädierten auch die
Oppositionsfraktionen vehement. Die nukleare Abschreckung habe in
den Zeiten des Kalten Kriegs für mehr Sicherheit gesorgt, so
der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Werner
Hoyer.
Doch „spätestens seit Helsinki“ funktioniere sie in ihrer klassischen Form nicht mehr – sie helfe nicht, wenn „Terroristen oder gescheiterte Staaten an Atombomben basteln“. Es sei „enttäuschend und empörend“, wenn Kritiker die Vision Obamas als realitätsfern und lächerlich darstellten; wolle man eine atomwaffenfreie Welt, sei „Mut gefragt“.
Für Die Linke unterstrich deren Fraktionschef Gregor Gysi, ein
glaubwürdiger Verzicht auf Atomwaffen sei nur durchsetzbar,
wenn auch die Atommächte selbst ihre Arsenale abbauten. Sonst
entstehe in anderen Staaten das Gefühl, der Besitz von
Atomwaffen sei ein Privileg und der einzige Schutz vor Angriffen.
Deutschland müsse einen „eindeutigen Verzicht auf
nukleare Teilhabe“ erklären und sich von dem Gedanken
verabschieden, nur diese Teilhabe sichere den Einfluss in den
Bündnissystemen.
Der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Jürgen Trittin, warf der Koalition vor, nicht klar zu sagen, was ihre Vorschläge zur Abrüstung seien und keine eigenen Aktivitäten zu entwickeln. Es sei nötig, ein Kernwaffenregister zu schaffen, eine europäische Absage an den Raketenabwehrschild zu formulieren und die „Sicherheitsstrategie der Nato zu entnuklearisieren“.
Allein die Union sprach sich in der Debatte für eine
Beibehaltung der nuklearen Teilhabe aus. Ihr außenpolitischer
Sprecher Eckart von Klaeden erklärte, nukleare Abschreckung
sei ein „unverzichtbarer Teil der Nato-Strategie“. Die
Verbindung im Sinne eines Junktims von konventioneller und
strategischer Abrüstung sei „falsch“ und nutze die
derzeitigen Zeitfenster nicht.
Im Anschluss an die Debatte stimmten die Abgeordneten über insgesamt sechs Anträge ab. In einfacher Abstimmung lehnte das Plenum mit den Stimmen der Koalition gegen die Liberalen und Die Linke bei Enthaltung der Grünen einen Antrag der FDP ( 16/12666) ab, in dem die Fraktion gefordert hatte, die Überprüfungskonferenz zum Nichtverbreitungsvertrag zum Erfolg zu führen. Auch der Antrag der Grünen ( 16/12685), die Bundesregierung solle konkrete Schritte zur nuklearen Abrüstung einleiten, fand keine Mehrheit. Ihm stimmten nur Grüne und Linke zu, die Koalition und die Liberalen lehnten ihn ab.
In namentlicher Abstimmung votierten 427 Abgeordnete für und
80 Abgeordnete gegen einen Antrag der Koalition (
16/12689), die Überprüfungskonferenz
zum Nichtverbreitungsvertrag zum Erfolg zu führen. Erfolglos
blieben drei Anträge der Opposition: Der Antrag der FDP (
16/12667) für den Abzug der in Deutschland
verbliebenen US-Nuklearwaffen scheiterte mit 392 zu 130 Stimmen bei
einher Enthaltung. Ein ähnlicher Antrag der Grünen zum
Abzug der Atomwaffen aus Deutschland (
16/12686) wurde mit 375 zu 80 Stimmen bei 51
Enthaltungen abgelehnt und auch den Antrag der Linken "Keine
Atomwaffen in Deutschland“ lehnte eine Mehrheit von 417 zu 77
Abgeordneten bei einer Enthaltung ab.