Bundestag beschließt Beginn der Auszahlung schon im Herbst
Ilse Falk (CDU/CSU) sagte, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf (
16/12413,
16/13025) stellten sich sowohl die Politik als
auch die Firma Grünenthal GmbH, die das Medikament vor rund 50
Jahren auf den Markt gebracht habe, ihrer „Verantwortung und
Schuld“. Den berechtigten Anliegen der Betroffenen habe man
sich bemüht, mit „Herz und Verstand“ zu begegnen,
so Falk.
„Sonderzahlungen sichern Nachhaltigkeit“
Kern des Gesetzes sei nun also, dass die Firma Grünenthal 50 Millionen Euro in die Conterganstiftung einbringe, die künftig zusammen mit weiteren 50 Millionen aus dem Kapitalstock der Stiftung an die Betroffenen ausgezahlt werde sollen.
Um für „Nachhaltigkeit“ zu sorgen, habe man
entschieden, das Geld nicht als Einmalzahlung, sondern über
einen gestreckten Zeitraum von 25 Jahren zu zahlen. Mit den
Erträgen des restlichen Stiftungsvermögens sollten nun
nur noch Projekte für contergangeschädigte Menschen
gefördert werden. „Wir haben viel erreicht“,
bekräftigte die Unions-Abgeordnete.
„Ausschlussfristen komplett abschaffen“
Das sah Ina Lenke (FDP) ähnlich. Sie befürwortete ausdrücklich das Gesetz und kündigte die Zustimmung ihrer Fraktion an, „obwohl uns noch manches fehlt“. Die Liberalen hätten schon nach einer Anhörung im Familienausschuss Änderungsbedarf gesehen und sich insbesondere für eine Abschaffung jeglicher Ausschlussfristen eingesetzt.
Es sei gut, dass die Koalition nun dem folge und die
ursprünglich geplante Frist, bis zu der Menschen
Ansprüche anmelden können, streiche. In einem
Entschließungsantrag (
16/12031) wolle die FDP zudem sicherstellen,
dass die Contergan-Rente, anders als die normale Rente, niemals
geringer ausfallen dürfe als im Vorjahr.
„Betroffene ernst nehmen“
Marlene Rupprecht (SPD) betonte, das Conterganstiftungsgesetz in seiner bisherigen Fassung habe „dringend auf den Prüfstand“ gestellt werden müssen. Die faktische Verdopplung der Zahlungen sei nun ein Ergebnis der rund eineinhalb Jahre dauernden Verhandlungen, in denen man stets versucht habe „die Anliegen der Betroffenen wirklich ernst zu nehmen“ und in politisches Handeln umzusetzen.
Forderungen, man hätte die Zahlungen nicht nur verdoppeln,
sondern sogar „versechsfachen“ müssen, entgegnete
die Sozialdemokratin, man müsse auch das Sozialsystem
betrachten, in dem sie gewährt würden. Deutschland biete
den Betroffenen im Gegensatz zu anderen Ländern darüber
hinaus noch weitere Sozialleistungen.
„Behinderte sollen selbst über Gelder
entscheiden“
Dr. Ilja Seifert (Die Linke) kritisierte die Entscheidung der Koalition, jährliche Sonderzahlungen einer einmaligen Auszahlung vorzuziehen, scharf: Es sei Ausdruck eines Menschenbildes, das von Fürsorge geprägt sei, nicht von Selbstbestimmung. In einem eigenen Antrag hatte die Linksfraktion dafür plädiert, die 50 Millionen der Firma Grünenthal sofort auszuzahlen und die bisherigen Entschädigungszahlungen zu erhöhen ( 16/11639). Seiffert bemängelte zudem, dass nur ein Teil der Sitze in Rat und Vorstand der Conterganstiftung mit Behinderten besetzt werden sollen. „Sie müssten aber das Sagen haben! Das wäre Selbstbestimmung“, forderte der Abgeordnete der Linksfraktion.
Dagegen sprach sich allerdings Antje Blumenthal (CDU/CSU) aus: Die
Forderung sei zwar „nachvollziehbar“, doch die
Einbeziehung von Ministerialbeamten aus ihrer Sicht sinnvoll.
„Wir wollen die Politik weiterhin in die Conterganstiftung
einbinden und nicht von ihrer Verantwortung entbinden“, so
die Unionspolitikerin.
„Nur halbherzig gehandelt“
Markus Kurth (Bündnis 90/ Die Grünen) gab zu, der Gesetzentwurf der Regierung gehe zwar in die „richtige Richtung“ und bedeute in Zukunft „wesentliche Verbesserungen“ für die Betroffenen, dennoch handele die Koalition oft auch nur „halbherzig“.
So sei bei der Dynamisierung der Contergan-Rente die Orientierung
an gesetzlichen Renten wenig sinnvoll. Auch kritisierte er, dass
den Betroffenen, deren Ansprüche mit Hinweis auf die alte
Ausschlussfrist bereits einmal abgewiesen wurden, nicht
rückwirkend entschädigt werden sollen. „Das ist
kleinlich“, sagte der Abgeordnete.