Experten bewerteten Gesetzesvorlage im Ausschuss für Arbeit und Soziales
Die Pläne der Bundesregierung, kurzfristig Beschäftigten einen leichteren Zugang zur Arbeitslosenversicherung zu ermöglichen, gehen laut Expertenmeinung zwar in die richtige Richtung, sind jedoch nur ein erster Schritt. Das wurde in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montag, 15. Juni 2009, deutlich, in der der Entwurf eines dritten Gesetzes zur Änderung der Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze zur Diskussion stand. Das Gesetz soll am Freitag, 19. Juni, im Bundestag verabschiedet werden.
Dr. Wilhelm Adamy vom Deutschen
Gewerkschaftsbund (DGB) sagte zur Gesetzesvorlage der
Bundesregierung (
16/12596), die Zugangsbarrieren zur
Arbeitslosenversicherung seien wegen der Zunahme von kurzfristigen
Arbeitsverhältnissen so hoch, dass viele Menschen bei
eintretender Arbeitslosigkeit direkt auf Arbeitslosengeld II
angewiesen seien. „Der Gesetzentwurf bleibt jedoch hinter den
Erwartungen zurück“, stellte Adamy fest. Die Bedingung,
das die neue Anwartschaftszeit von sechs Monaten überwiegend
durch Beschäftigungsverhältnisse von nicht länger
als sechs Wochen innerhalb einer zweijährigen Rahmenfrist
erfüllt sein muss, ziele nur auf einen sehr kleinen Kreis von
Anspruchsberechtigten.
Ähnliche Bedenken äußerte auch der Schauspieler Thomas Schmuckert: „Diese Befristungen richten sich leider nicht nach den Arbeitsverhältnissen in der Film- und Theaterbranche. Die Begrenzung auf sechs Wochen ist erheblich zu kurz.“ Die durchschnittliche Dauer einer Film- oder Fernsehproduktion betrage drei bis sechs Monate, und viele Filmschaffende hinter der Kamera würden für einen weitaus längeren Zeitraum als sechs Wochen engagiert, sagte Schmuckert. Er appellierte an den Gesetzgeber, „uns aus dem Elfenbeinturm zu holen und in die Solidargemeinschaft zu integrieren und dennoch die Besonderheiten der Arbeitsverhältnisse zu berücksichtigen“.
Kritik an dem Vorhaben, die Anwartschaft für
Arbeitslosengeldanspruch auf sechs Monate zu verkürzen,
äußerte dagegen die Bundesvereinigung der Deutschen
Arbeitgeberverbände (BDA). Es könne nicht ausgeschlossen
werden, schreibt die BDA in ihrer Stellungnahme, dass
„Anreize zur gezielten Überbrückung von
Kurzzeitbeschäftigungen durch Arbeitslosengeldbezug geschaffen
und Mitnahmeeffekte erzeugt werden“.
Auch die geplante Rentengarantie lehnt die BDA ab und appelliert an die Bundesregierung, darauf zu verzichten. Sie schaffe unnötige Risiken für die künftige Finanzierbarkeit der Rentenversicherung und gefährde die gesetzlichen Beitragssatzobergrenzen. Außerdem dürfe der Gesetzgeber die mit der Garantie verbundenen Kosten nicht einseitig den Beitragszahlern überlassen, argumentiert die BDA.
Auch die Rentenversicherung Bund äußerte sich skeptisch
zu den Folgen einer gesetzlich festgeschriebenen Garantie, mit der
Rentenkürzungen vermieden werden sollen. „Wenn die
Annahmen der Bundesregierung im Hinblick auf die wirtschaftliche
Entwicklung zutreffen, dann wird diese Garantie nicht zu einer
Beitragssatzerhöhung führen. Wenn aber die
pessimistischeren Annahmen der Wirtschaftsinstitute zutreffen, dann
könne eine solche Erhöhung nötig werden“,
sagte Dr. Herbert Rische, Präsident der
Deutschen Rentenversicherung Bund.
Prof. Dr. Axel Börsch-Supan,
Wirtschaftswissenschaftler an der Universität Mannheim,
betonte, die langfristige Glaubwürdigkeit des
Solidaritätsprinzips zwischen der jüngeren und der
älteren Generation gehöre zu den Grundfesten der
gesetzlichen Rentenversicherung und sollte gestärkt werden.
„Einseitige Umverteilungsmaßnahmen wie das geplante
Kürzungsverbot erreichen das Gegenteil“, sagte
Börsch-Supan.