Kinderkommission zu Gast in der Adipositas-Sprechstunde der Charité
Jede Schule soll mehrere Wasserspender bekommen und für die Kinder in den Pausen ein reichhaltiges Obstbuffet bereithalten. So stellt sich die Vorsitzende der Kinderkommission des Bundestages, Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen), gesunde Ernährung für Kinder und Jugendliche während der Schulzeit vor. Schon jetzt gilt jedes sechste Kind in Deutschland bei Schulbeginn als übergewichtig. Jeder zwölfte Jugendliche ist sogar sehr stark übergewichtig. Bei den Erwachsenen bringen 70 Prozent der Männer und 50 Prozent der Frauen zu viele Pfunde auf die Waage. Und der Trend ist steigend. Das Wichtigste ist aber: Gewichtsprobleme bleiben nicht ohne gesundheitliche Folgen. Diabetes und Stoffwechselerkrankungen werden heute schon bei Kindern diagnostiziert.
"Eines der größten Gesundheitsrisiken des 21.
Jahrhunderts ist Adipositas", unterstreicht die
Grünen-Abgeordnete Deligöz am Mittwoch, 17. Juni 2009,
beim Besuch der Adipositas-Sprechsstunde im Berliner Klinikum
Charité. Hier betreuen Kinderärzte, Psychologen und
Ernährungsberater stark übergewichtige Kinder. Ziel ist
es, Eltern und Kindern ein Bewusstsein für gesunde
Ernährung zu vermitteln.
Deligöz sieht auch die Politik in der Pflicht. So setzt sich die Kinderkommission beispielsweise für eine eindeutige Kennzeichnung von Lebensmitteln ein. "Man muss wissen, was man isst", sagt die Grünen-Politikerin. Ihre Abgeordnetenkollegin von der FDP, Miriam Gruß, betont, wie eng der Zusammenhang zwischen guter Bildung und gesunder Erhährung ist. Ihr geht es vor allem um Prävention, damit gar nicht erst Erkrankungen als Folge von ungesunder Ernährung entstehen. "Da muss die Politik die Rahmenbedingungen setzen", verlangt Gruß.
Oft kämen die Kinder nachmittags nach der Schule hungrig nach
Hause, erklärt die Leiterin der Sprechstunde, Dr. Susanna
Wiegand. In diesem Moment griffen sie denn zu fast food, Softdrinks
und Schokoriegeln. Hier in der Sprechstunde lernten die Kinder
zusammen mit ihren Eltern, wie gesunde und leckere Mahlzeiten
zubereitet werden. "Die Kinder sollen keine Diät machen", sagt
Wiegand. "Wenn sie sich gesund ernähren, nehmen sie von ganz
allein ab."
Oft hätten stark übergewichtige Kinder eine Vielzahl von Problemen, berichtet Wiegand von ihren Erfahrungen aus der Adipositassprechstunde. Sie fühlten sich isoliert, seien teilweise Schulverweigerer und hätten keine Freizeitinteressen. "Der Bildungsstand der Familie spielt eine große Rolle", sagt sie.
Mehr als die Hälfte der kleinen Patienten kommen aus Familien
mit Migrationshintergrund. Auch kulturelle Unterschiede seien
entscheidend. So gebe es beispielsweise für muslimische
Mädchen keine Tradition, Sport zu treiben. Auch da will die
Kinderärztin in der Sprechstunde ansetzen. Bevor es zum Kochen
geht, steht deshalb erst einmal Bewegung auf dem Therapieplan.