Die großen deutschen Wirtschaftsverbände haben den von der CDU/CSU und FDPFraktion gemeinsam eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums ( 17/15) übereinstimmend begrüßt. Gewerkschaften, Sozialverbände und Wissenschaftler übten dagegen zum Teil erhebliche Kritik. In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Montag, 30. November 2009, beurteilte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) das Wachstumsbeschleunigungsgesetz „in der Grundtendenz sehr positiv“. Es handele sich um den ersten Schritt, krisenbeschleunigende Maßnahmen aus der Unternehmenssteuerreform wieder herauszunehmen.
In einer gemeinsamen Stellungnahme von acht großen Wirtschafts- und Bankenverbänden heißt es, man begrüße „den politischen Willen, kurzfristig die krisenverschärfenden Vorschriften im Steuerrecht abzumildern. Das schnelle Handeln der Bundesregierung ist ein wichtiges Zeichen an die Unternehmen in Deutschland, dass die Dringlichkeit des steuerlichen Handlungsbedarfs erkannt wurde.“
Die Stellungnahme haben neben dem BDI unter anderem auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Bundesverband Deutscher Banken unterzeichnet.
Auch vom Bund der Steuerzahler hieß es, die Änderungen im Unternehmenssteuerrecht, die bessere Möglichkeiten für Abschreibungen und Verlustübertragungen mit sich bringen sollen, seien eine „recht begrüßenswerte Sache“. Die Koalition sei mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz sehr ambitioniert gestartet.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks bezeichnete es als völlig richtig, befristete Maßnahmen wie die Erhöhung des Freibetrages bei der „Zinsschranke“ zu entfristen, weil mittelständische Unternehmen andernfalls zu stark betroffen gewesen wären.
Ursprüngliches Ziel der Zinsschranke, die den steuerlichen Abzug von Schuldzinsen für Unternehmen begrenzt, war es, die Verlagerung von Gewinnen ins Ausland zu unterbinden beziehungsweise zu reduzieren. Dagegen sprach der Vertreter der Deutschen Steuergewerkschaft von dem Versuch der Koalition, Steuerschlupflöcher wieder etwas zu öffnen. Die Änderungen bei der Zinsschranke seien jedoch tolerabel.
Dagegen handele es sich bei der Senkung der Mehrwertsteuer auf Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben von 19 auf sieben Prozent um eine Subvention, die nicht in dieses Gesetz gehöre. Hotelübernachtungen zählten nicht zu den lebensnotwendigen Dingen, für die der ermäßigte Steuersatz vorgesehen sei.
Der Sachverständige Professor Dr. Lorenz Jarass (RheinMain University Wiesbaden) sagte zur Absicht der Koalition, das Kindergeld anzuheben, eine Entlastung der kleinen Einkommensbezieher sei unabdingbar zur Erhöhung des Inlandskonsums. Aber die Entlastung müsse auch gegenfinanziert werden.
Statt große Einkommen und Vermögen angemessen zu besteuern, komme es auch für Konzerne und Verkäufer von Unternehmen zu Entlastungen. Damit werde das Gesetz zu einem „Wachstumsverhinderungsgesetz“.
Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) erwartet von dem Gesetz kein Wachstum, sondern „mehr öffentliche Armut“. Die Unternehmen seien in der Vergangenheit in Milliardenhöhe entlastet worden.
Selbst die wenigen Gegenfinanzierungstatbestände würden jetzt gestrichen. Während der Familienbund der Deutschen Katholiken die geplante Erhöhung des Kindergeldes um 20 Euro im Monat begrüßte, rechnete der Paritätische Gesamtverband vor, dass Millionen Kinder nichts oder nur wenig davon hätten.
So würden Alleinerziehende, die Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (Hartz IV) beziehen würden, wegen der Anrechnung des Kindergeldes auf die Leistungen nicht von der Erhöhung profitieren. Davon seien 800.000 Kinder betroffen.
500.000 Kinder von Alleinerziehenden, die Unterhaltsvorschüsse erhalten, würden ebenfalls keinen Nutzen aus der Erhöhung ziehen, weil der Unterhaltsvorschuss gekürzt werde.
Und schließlich würde bei zwei Millionen Kindern von Alleinerziehenden nur die halbe Erhöhung ankommen, weil das Kindergeld zur Hälfte auf den Unterhalt angerechnet werde.
Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände wies im Zusammenhang mit den Steuerausfällen durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz auf einen anderen Aspekt hin.
Das Defizit von Kreisen, Städten und Gemeinden werde sich in den kommenden vier Jahren auf rund 40 Milliarden Euro summieren. Dieses Defizit sei für die kommunalen Haushalte nicht mehr verkraftbar. Daher müsse der Investitionsanteil in den Haushalten deutlich zurückgefahren werden. Die Kommunen könnten ihre Aufgaben nicht mehr wahrnehmen.