Die im vergangenen Jahr novellierte EU-Spielzeugrichtlinie bietet nur einen unzureichenden Schutz für Kinder vor gesundheitsgefährdenden Stoffen im Spielzeug. Diese Ansicht vertrat die Mehrheit der zu einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie am Montag, 17. Mai 2010, geladenen Sachverständigen. Grundlage des Hearings bildeten Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ( 17/656) und der Linksfraktion ( 17/1563).
Hauptproblem, so Andreas Luch vom Bundesinstitut für Risikobewertung, seien polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs), von denen viele "krebserzeugend, erbgutverändernd und fortpflanzungsgefährdend“ seien. Bei diesen Stoffen gebe es "keinen sicheren Grenzwert“.
Es sei daher notwendig, die Aussetzung der Kinder mit diesen Substanzen so weit zu reduzieren wie es technisch machbar sei. Die in der Richtlinie enthaltene Orientierung an der Chemikaliengesetzgebung führe jedoch dazu, das sehr hohe PAK-Aussetzungen über Spielzeug erlaubt blieben.
Heribert Wefers vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisierte ebenfalls, dass die in der Spielzeugrichtlinie verankerten PAK-Grenzwerte "um Größenordnungen schlechter sind“ als sie für Lebensmittelkontaktmaterial festgeschrieben seien und sogar die Grenzwerte für Autoreifen unterschreiten würden. "Die Werte können dem Schutzniveau von Kindern gar nicht gerecht werden“, schlussfolgerte Wefers.
Dringenden Nachbesserungsbedarf sah auch Alexandra Caterbow von der Organisation Women in Europe for a Common Future (WECF). Sie bemängelte unter anderem "umfangreiche Ausnahmen“ des Verbotes von krebserregenden Stoffen ebenso wie "nicht ausreichende Grenzwerte für Schwermetalle“. Sollte es nicht gelingen in diesem Sinne die Richtlinie nachzubessern. müsse eine "nationale Lösung“ für diese Probleme gefunden werden, forderte sie.
Für eine Kontrolle des Spielzeugs durch "unabhängige Dritte“ sprach sich Christian Gicklhorn vom Verband der Technischen Überwachungsvereine aus. Das sei auch im Interesse jener Hersteller, die große Anstrengungen unternehmen würden, um dem Sicherheitsinteresse der Kinder zu entsprechen. Deren Aufwand rechne sich derzeit nicht, da die Vorschriften nicht einheitlich für die Branche gelten würden und sich andere Hersteller der Überwachung entziehen könnten.
Für ein "Fair Play“ auf dem Spielzeugmarkt sprach sich auch Paul Heinz Bruder von der Bruder Spielwaren GmbH aus. Markenhersteller würden in der Regel Vorschriften und Normen einhalten, sähen sich aber einer unüberschaubaren Anzahl an Marktteilnehmern gegenüber, die Eigenimporte durchführten und dabei häufig nicht in der Lage seien, die nötige Gewissenhaftigkeit bezüglich der Spielzeugsicherheit zu bieten.
Auch Frank Pommé vom Spielzeughersteller Schleich GmbH sprach sich für besser Überwachungsmöglichkeiten aus, um die "schwarzen Schafe“ am Markt ausfindig machen zu können. "Weitere gesetzliche Verschärfungen der Grenzwerte lösen das Problem nicht“, sagte Pomme.
Maureen Logghe von der Europäischen Kommission sagte zu, sämtliche neuen Erkenntnisse der Wissenschaft zu prüfen, damit die Spielzeugrichtlinie ständig aktualisiert werden könne. Gleichwohl gehöre die Richtlinie ihrer Ansicht nach schon jetzt, insbesondere angesichts ihrer chemischen Anforderungen, zu den "strengsten der Welt“.
Eine strengerer Marktüberwachung werde von der Kommission unterstützt, sagte Logghe. Die Mitgliedstaaten seien ohnehin verpflichtet, alle Maßnahmen zu treffen, um Spielzeug, welches die Sicherheit von Kindern gefährden könne, vom Markt zu nehmen.
Christian Gicklhorn, Verband der Technischen
Überwachungsvereine (VdTÜV)
Dr. Heidrun Pfeiffer, Industrieverband Schreiben,
Zeichnen, Kreatives Gestalten e.V. (ISZ)
Prof. Dr. Dr. Andreas Hensel, Bundesinstitut für
Risikobewertung (BfR)
Alexandra Caterbow, Women in Europe for a Common
Future, Germany (WECF)
Dipl.-Ing. Paul Heinz Bruder, Bruder Spielwaren
GmbH & Co. KG
Michael Sommer, Simba Toys GmbH & Co. KG
Frank Pommé, Schleich GmbH
Dr. Heribert Wefers, Bund für Umwelt und
Naturschutz in Deutschland e.V. (BUND)
Dipl.-Biologe Wolfgang Döring, Labor für
Umweltanalytik und Arbeitssicherheit
Maureen Logghe, Generaldirektion Unternehmen und
Industrie der Europäischen Kommission