Berlin: (hib/VOM) Zwischen dem 1. April
des letzten Jahres und dem 31. Januar dieses Jahres haben
Behörden in 10.849 Fällen die Stammdaten der Konten von
Bankkunden abgefragt. Dies teilt die Bundesregierung in ihrer
Antwort (
16/535) auf eine Kleine Anfrage der
FDP-Fraktion (
16/418) mit. Davon seien 10.747 Kontenabrufe
auf die Finanzbehörden und 102 Kontenabrufe auf andere
Behörden zurückzuführen. Die Einführung des
Kontenabrufes ist nach Darstellung der Regierung
verfassungsrechtlich geboten gewesen, um ein "Vollzugsdefizit" bei
der Besteuerung der Kapitaleinkünfte und der Einkünfte
aus privaten Veräußerungsgeschäften mit
Wertpapieren zu beseitigen. Es sei nicht geplant, das
Kontenabrufverfahren auszusetzen. Dies stünde im Widerspruch
zur Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom November des letzten
Jahres zur Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von
Kapitaleinkünften und privaten
Veräußerungsgewinnen. Das oberste Finanzgericht habe in
seiner Entscheidung ausdrücklich betont, dass der Kontenabruf
nicht nur verfassungsgemäß, sondern sogar
verfassungsrechtlich geboten sei. Es habe offen gelassen, ob und ab
wann ein Vollzugsdefizit vorliegt, wenn es aus
wirtschaftspolitischen oder anderen politischen Gründen nicht
zu einen Kontenabruf kommt. Ob das Konto im Anschluss an die
Stammdatenabfrage im Hinblick auf Konto- oder Depotbewegungen
überprüft werden muss, hängt nach Regierungsangaben
davon ab, ob der Kontenabruf zu Abweichungen von den Angaben des
Steuerpflichtigen geführt hat und diese Abweichungen zum
Beispiel deswegen nicht aufgeklärt werden konnten, weil der
Steuerpflichtige nicht ausreichend mitgewirkt hat. Wie oft dies der
Fall gewesen sei, ist der Regierung nach eigener Aussage nicht
bekannt. Die obersten Finanzbehörden der Länder
hätten dem Bundesfinanzministerium mitgeteilt, dass durch
Kontenabrufe viele Fälle bislang unbekannte Konten und Depots
festgestellt werden konnten. In diesen Fällen seien weitere
Ermittlungen der Finanzämter erforderlich. Für die Frage,
ob das Kontenabrufverfahren effizient ist, sei es unerheblich, ob
tatsächlich unversteuerte Einkünfte aus privaten
Veräußerungsgeschäften mit Wertpapieren aufgedeckt
werden konnten, betont die Regierung. Entscheidend sei vielmehr,
dass eine "solche Entdeckung durch den Kontenabruf möglich
ist". Verfehlungen von Bediensteten der Finanzbehörden im
Zusammenhang mit dem Kontenabrufverfahren seien bislang nicht
bekannt geworden. Zur Einführung einer Abgeltungssteuer
erklärt die Regierung, diese würde für bestimmte
Kapitalerträge wie Zinsen "erhebliche rechtliche und
ökonomische Probleme verursachen". Im Hinblick auf eine neue
Regelung zur Besteuerung der Unternehmensgewinne,
Kapitalerträge und privaten Veräußerungsgewinne
müsse allerdings auch die Frage einer Abgeltungssteuer "neu
bedacht" werden. Im Übrigen seien Abgeltungssteuer und
Kontenabruf keine sich ausschließende Alternativen, sondern
könnten sich "sinnvoll ergänzen".