Schwärzung von Teilen des Privatisierungsgutachtens zur
Bahn angeprangert
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung/Verkehr, Bau
und Stadtentwicklung - 15.02.2006
Berlin: (hib/SAS) Mit Empörung
reagierten Abgeordnete aller Fraktionen auf die Schwärzung von
Teilen des Gutachtens zu Privatisierungsvarianten der Deutschen
Bahn AG, das Gegenstand der Sitzung des Verkehrsausschusses am
Mittwochvormittag mit den Sachverständigen des Konsortiums
unter Führung der Firma Booz Allen Hamilton war. Dabei
zweifelte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an der im
Ausschuss geäußerten Darstellung des Konsortiums, es
handele sich bei den geschwärzten Passagen um rein
aktienrechtlich relevante Unternehmensdaten: "Wir können die
aktienrechtlichen Gründe nicht nachvollziehen, weil uns anonym
eine Seite des Gutachtens zugespielt wurde, die faktisch sagt, dass
die DB AG beim integrierten Netz sich endlich von dem Teil des
Streckennetzes trennen kann, der sie schon lange stört." Sie
bezog sich dabei auf Seite 203 des Gutachtens, das nach Aussage der
Grünen ebenso wie vorhergehende Seiten den Abgeordneten
vollständig geschwärzt vorlag. Dabei hieß den
Grünen zufolge unter Punkt 5 der Seite: "Den
größten Anteil am Effekt ‚Investive
Fehlallokation' hat nach Einschätzung der DB AG eine
Verlangsamung bzw. Verminderung der Stilllegung unwirtschaftlicher
Teile des Schienennetzes nach einer Trennung. Eine eher staatsnahe
Infrastrukturgesellschaft wäre - so die Argumentation - nicht
in der Lage, Rationalisierungen des Netzes in dem Ausmaß und
der Geschwindigkeit wie ein privatisierter, integrierter Konzern
vorzunehmen." Nach Ansicht der FDP ist nicht nach Aktienrecht
geschwärzt worden, sondern dies sei eine politische
Entscheidung. Nur noch eingeschränkt könne der Bundestag
auf dieser Grundlage seiner Aufgabe nachkommen, über den
angestrebten Börsengang der Bahn zu entscheiden. Auch die
Union zeigte sich verärgert darüber, dass
Unternehmensinterna über die Mittelfristplanung der DB AG
geschwärzt wurden, und zweifelte an der vorgebrachten
Begründung. Einerseits mache man den Ländern die
Illusion, die Pflege ihres Netzes wäre in besten Händen,
andererseits werde ein integrierter Konzern angestrebt, da nur
diese Privatisierungsvariante eine Verkleinerung des Netzes
gewährleiste. Die SPD forderte für das Parlament dasselbe
Recht auf Einblick in Geschäftsgeheimnisse, wie dies dem
Alleineigentümer zustehe. Man habe beim Wissenschaftlichen
Dienst des Bundestages ein Gutachten in Auftrag gegeben, um zu
klären, ob es bei der Schwärzung tatsächlich um
"übergeordnete Unternehmensinteressen" der Deutschen Bahn
geht. "Ich bitte Sie zu akzeptieren, dass wir Ihnen im Moment aus
aktientechnischen Gründen ein geschwärztes Gutachten
vorgelegt haben", beharrte Rechtsanwalt Werner Michael Waldeck auf
der Position des Konsortiums. Von Regierungsseite erhielt der
Ausschuss das Angebot, das ungeschwärzte Gutachten im
Datenraum des Bundestages einsehen zu können. Dies lehnte der
Ausschussvorsitzende Klaus W. Lippold (CDU/CSU) jedoch unter dem
Hinweis ab, dann seien die Abgeordneten nicht mehr in der Lage eine
politische Aussage zu machen, weil sie rechtliche Schritte der DB
AG befürchten müssten. Auch den einzelnen
Sachverständigen waren beim Erstellen des Gutachtens nicht
alle Daten gleichermaßen bekannt. Nach den Worten von Stephan
Bauer der Firma Booz Allen Hamilton hat die Bahn 200 Unterlagen mit
unterschiedlichen Geheimhaltungsstufen klassifiziert, die aber , so
Bauer, die Seriosität des Gutachtens nicht in Frage stellten.
Demgegenüber räumte Professor Kay Mitusch von der
Technischen Universität Berlin ein: "Wir durften die
Mittelfristplanung der Bahn nicht sehen, das hat die interne Arbeit
schon erschwert."
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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